Jürgen Raap
Charly Banana
»Ein Wunder«
Kölnisches Stadtmuseum, 5.10.1993 – 2.1.1994
Der Ausstellungstitel zielt auf das “Wunder der Schöpfung”, das der Mensch mißbraucht: Nach der Tschernobyl-Katastrophe 1986 schuf Charly Banana eine Bildserie mit verstrahltem Gemüse, das sich gegen menschliche Fahrlässigkeit und Zerstörungsbereitschaft wehrt, indem es zurückschlägt. “Abkehr vom Materialismus” und “substantielleres Denken” mahnt Charly Banana (“in Zusammenarbeit mit Ralf Johannes”, wie er laut Geburtsurkunde heißt) an, doch enthalten diese Bilder nicht nur vordergründige politische bzw. gesellschaftskritische Botschaften. Befragt wird nämlich darüber hinaus auch die Rolle und Funktion der Kunst an sich innerhalb der derzeitigen globalen politischen, ökologischen und wirtschaftlichen Umwälzungsprozesse, und so mündet Bananas lebens- wie kunstphilosophische Haltung in eine Begrifflichkeit, die “die Zeit des dekorativen Ausschmückens” überwinden will. Methodisch wird dies bisweilen in krasser Gegensätzlichkeit zum sinnlichen Bilderlebnis vorgeführt: Eine “untergetauchte Tonskulptur im Versteck” befindet sich – für den Betrachter unsichtbar – in einer zusammengeknüllten Plastiktüte unter einem Hocker; ein paar Schritte weiter spult ein Kassettenrecorder eine fiktive Bildbeschreibung ab, die Wände des Treppenaufgangs zieren handschriftliche und parolenartig verkürzte “Zeitgedanken zur Kunstproblematik”.
Charly Bananas erste Einzelausstellung in einem Kölner Museum ist gleichzeitig auch eine kleine Retrospektive; das älteste Exponat ist eine mehrteilige Papierarbeit aus dem Jahre 1977: Die “Meditation über frische Leichen” berichtet u.a. vom Tod einer Lebedame durch einen Blitzableiter. Parallel zu der Museums-Werkschau mit 33 Bildern und Objekten zeigte die Kölner Galerie Holtmann bis zum 11. November weitere Papierarbeiten.
Manches ist bewußt banal oder einfach nur herzerfrischend albern wie der Plastikvogel, aus dessen Innerem per Endlosschleife Gezwitscher dringt; manches resultiert aus…