Charley Toorop
Württembergischer Kunstverein, Stuttgart
Die Arbeiten der bei uns nahezu unbekannten holländischen sozialkritischen Malerin Charley Toorop (1891-1955) waren bereits in den Ausstellungen “Les Réalismes” (Paris 1980) und “Van Gogh bis Cobra” (Stuttgart 1980) als besonders eigenständiger und eindringlicher Beitrag des europäischen Realismus aufgefallen. Grund genug ihr jetzt eine eigene Ausstellung zu widmen, um zu sehen, ob das Gesamtoeuvre den Erwartungen entspricht, die eine konzentrierte Ausstellung geweckt hat.
Ihre frühe Phase bis 1920 ist noch von der Suche nach künstlerischer Ausdrucksmöglichkeit geprägt, deren Spektrum vom Lumi-nismus zum Kubismus und dem Expressionismus reichte. Es folgt eine kurze an van Gogh orientierte Periode, die nicht nur formale und stilisierte Analogien aufweist – der Bewegungsduktus der kurzen breiten Pinselstriche -, sondern ihre Entsprechung im Malen als therapeutischem Prozeß hat. Daneben galt es aber auch, sich vom Schatten des Vaters, Jan Toorop, eines anerkannten Symbolisten aus dem Maeterlinck Kreis, zu befreien.
Von ihrer stilistischen Eigenständigkeit, einer wuchtigen realistischen Bildsprache, zu der sie in den späten 20er Jahren findet, zeugen neben den Selbstbildnissen eine Reihe von Gruppenporträts, wie “Volkshaus” (1927), “Mahlzeit der Freunde” (1933) und “Porträtgruppe H.P. Brehmer” (1938). Ihre charakteristischen Merkmale sind eine eigenwillige Komposition, die durch starke Frontalität geprägt ist, eine geradezu drangvolle räumliche Enge der Personen, die aber dennoch völlig isoliert, ja unbeteiligt wirken. Der Vergleich zu den holländischen Schützen – und Regentenstücken des 17. Jahrhunderts drängt sich auf, wo jeder – schließlich hatte er ja dafür bezahlt – auf eine gleichwertige Darstellung pochte, was unweigerlich auf Kosten der Komposition ging. Die räumliche Enge in den…