Maribel Königer
Charles Simonds
Galerie nationale du Jeu de Paume, Paris,20.12.1994 – 8.2.1995
Am Anfang steht die Geburt aus dem Urschlamm, das Sichemporwinden des Künstlers, respektive Menschens, aus dem prometheischen Lehm. 1970 setzt das Werk von Charles Simonds mit einem drei Minuten langen 16 mm-Film ein, der Simonds nackt in einer Lehmgrube zeigt: sich aus der Urmaterie lösend. Der realiter 1945 in New York geborene Künstler, den Kritiker mit Hang zum Kategorisieren mal zur Land Art, mal zur Architekturreflexion oder schlicht in die imaginäre Landschaftsdarstellung, mal zur Spurensuche bzw. Ethnokunst und zu Primitivismus oder aber gleich in ein nur für ihn eingerichtetes Sonderfach stecken, ist im deutschsprachigen Raum nie zu bleibender Bekanntheit aufgestiegen. Und das trotz seiner Beteiligung an der documenta VI von 1977, den sich daran anschließenden Einzelausstellungen in Münster, Bonn, Köln (siehe KUNSTFORUM Okt./Nov 1985), Berlin und Basel sowie diversen Teilnahmen an europäischen Gruppenausstellungen; von den mehrmaligen Auftritten bei den Biennalen in Venedig und vor allem im New Yorker Whitney Museum ganz abgesehen. In Paris hat Simonds dagegen von Anfang an ein besonders treues Publikum gefunden. Jeu de Paume-Direktor Daniel Abadie, der bereits 1975 ein Interview mit Simonds publizierte, konnte daher für seine Retrospektive auch auf einige Arbeiten aus französischem Besitz zurückgreifen.
Simonds frühe Arbeiten sind aus Porzellanerde oder Ton modellierte Wüstenlandschaften im Miniformat, die er für ein imaginäres Volk von “Kleinen Leuten” (little people) erfindet. Fiktive Ruinen untergegangener Kulturen – “Wohnstätten”, “rituelle Architekturen und Gärten” und “Kosmologien” – appellieren an die romantische Sehnsucht nach frühen (intakteren?) Zivilisationen, denen Simonds an…