Düsseldorf
Chaïm Soutine
Gegen den Strom
Stiftung Kunstsammlung NRW, K20 02.09.2023 – 14.01.2024
von Sabine Elsa Müller
Nichts weniger als eine Sensation ist dem Düsseldorfer K20 mit dieser Schau gelungen. Über 60 Gemälde, meist kleine und mittlere Formate, entfalten hier einen Triumpf der Malerei, ein Fest für die Sinne. Chaïm Soutine, der mit 20 Jahren nach Paris kam, wo er bereits mit 50 Jahren starb, ist hierzulande weit weniger bekannt als in seiner Wahlheimat oder auch in den USA. Die letzte Museumsausstellung in Deutschland fand 1981 im Westfälischen Landesmuseum in Münster statt. Nun also nimmt das K20 die Tatsache, mit dem Stillleben mit Fasan von 1919 im Besitz eines der wenigen in deutschen Sammlungen existierenden Gemälde Soutines zu sein, zum Anlass, gegen diesen Missstand auf breiter Front vorzugehen. Dank der Kooperation mit dem Louisiana Museum of Modern Art in Humlebæk und dem Kunstmuseum Bern werden die Werke im Anschluss ebenfalls in Dänemark und in der Schweiz zu sehen sein.
Schon das früheste Werk der Ausstellung, Stillleben mit Heringen von 1915 / 16, frappiert mit seiner packenden Bildsprache, die aus dem harmlosen Gegenstand einen Aufschrei macht. Eine rote ovale Platte mit drei jämmerlich dünnen Heringen darauf und einer mittig am oberen Bildrand platzierten weißen, leeren Trinkschale wird zum Sinnbild von Kopf und Bauch, so dass die beiden Gabeln mit ihren langen Zinken wie magere Ärmchen von rechts und links in die dargebotene Mahlzeit zu greifen scheinen. Man fühlt sich an die Hungergestalten aus Picassos Blauer Periode erinnert, ohne dass tatsächlich Personen zu sehen sind. Der…