London
Cecilia Vicuña
Brain Forest Quipu
Tate Modern 11.10.2022 – 16.04.2023
von Edgar Schmitz
Was Denkmäler vom Propagandistischen unterscheidet, sind die Polyvalenzen, in denen sich Inhalte generieren lassen, ohne zu ideologischen Floskeln zu verkommen. Das spielt sich, bei öffentlichen Monumenten wie auch im engeren Kunstraum, natürlich erstmal auf der inhaltlichen Ebene ab, ist aber auch eine Frage des Zugangs und das räumlich perzeptiv vermittelten Umgehens mit dem Objekt selbst.
Cecilia Vicuñas Requiem auf den Regenwald präsentiert sich auf den ersten Blick in der Form von zwei monumentalen und doch extrem fragilen Stoff- und Materialstrukturen, die die gesamte Turbinenhalle der Tate bestimmen. Eine Struktur ist in der Nähe des Eingangs installiert, die zweite schließt die Halle jenseits der monumentalen Brücke gleichsam ab. Auf den ersten Blick bestechen dabei vor allem die geisterhaft ausgebleichten Weiß-Töne der Arbeit, die fragile Materialsprache, und damit eine formale Beschaffenheit dieser Objekte, wenn man sie so denn nennen kann, die nicht nur mit der Halle, sondern auch mit den Ansprüchen an monumentale Skulptur ein sehr produktives Spannungsverhältnis unterhalten: monumental und doch prekär und fragil, handwerklich intensiv und doch wie hingehaucht, imposant, ohne sich an der gigantischen Architektur messen zu müssen.
In Vicuñas Arbeit besticht erstmal dieser Kontrast zwischen gefundenem, ausgebleichten Treibgut und der architektonischen Imposanz der Halle. Aber auch intern steht die fragile Materialität der verwendeten Stoff-, Faser-, Holz- und Keramikreste in einem komplizierten Verhältnis zur Gesamtgröße dieser Strukturen, in denen sich der Besucher gleichzeitig wie verloren vorkommen kann.
Die ist nicht nur als Requiem auf den Regenwald provokativ, sondern damit auch als…