Berlin
CC: World
A series of digital letters in times of the pandemic 2019–2022
Haus der Kulturen der Welt
von Ingo Arend
Die Aufnahme zweier Hände in Nahaufnahme, die sich aufreizend langsam und gründlich unter fließendem Wasser in der Küche waschen: Seife auf der Handfläche aufschäumen, die Fingerzwischenräume säubern, sich wieder und wieder in- und übereinander schlingen und über den Handrücken streichen. Die Szene in dem Video „Zone 2“ des Londoner Film- und Kunstkollektivs „The Otolith Group“ steht wie kaum ein anderes Ritual für den neuen Verhaltenscodex, der in der Folge der globalen Covid-Pandemie Einzug in den Alltag gehalten hat. Mit dem Waschen der Hände ist es allerdings nicht genug. Man sieht, wie die gereinigten Hände nicht nur die Türklinken in dem Haus, in dem der Streifen spielt, akribisch säubern, sondern auch, wie sie die Lebensmittel, selbst die eingeschweißten, vor der Zubereitung des Mahls millimeterweise desinfizieren. Desinfektion heißt neben dem Abstandhalten das zivilisatorische Desiderat No. 1.
Auf der einen Seite hat das Berliner Haus der Kulturen der Welt mit seinem Projekt „CC: World“ aus der Not eine Tugend gemacht. Wie viele andere Häuser sah sich Berlins avancierteste Kulturinstitution aufgrund der Pandemie gezwungen, ins Digitale auszuweichen. Statt nur die vorhandenen Schauen netzgerecht anzupassen hat sie deshalb Künstler*innen aus aller Welt in einem ungewöhnlichen, internationalen, audiovisuellen Diskursprojekt versammelt, das den globalen Ausnahmezustand künstlerisch reflektiert.
Der ästhetische Mehrwert, den dieses interdisziplinäre Projekt erbracht hat, hält sich in Grenzen. Das ist kein Wunder. Schon der Zeitenbruch 1989 / 90, oder der Angriff auf die Twin Towers am 11.9. 2001…