Christian Huther
Carlfriedrich Claus
»Erwachen am Augenblick. Sprachblätter«
Kunstraum, München, 11.6. – 3.8.1991
Literaturhaus, Hamburg, 2.9. – 22.9.1991
Der Betrachter bleibt erst einmal ausgeschlossen. Clausfriedrich Claus, einer der herausragenden Künstler der ehemaligen DDR, aber auch ein ausgesprochener Eigenbrötler, macht es einem nicht leicht. Seine kleinformatigen Schrift-Bilder und Bild-Schriften scheinen mehr Selbstgespräch zu sein als Kommunikation zuzulassen. Zuletzt waren im Frankfurter Kunstverein (und sind nun gegenwärtig im Kunstraum München) unter dem Titel “Erwachen am Augenblick” rund 200 Papierarbeiten des im Erzgebirge wohnenden Künstlers aus 30 Jahren versammelt. Dicht bedeckt mit Buchstaben und Zeichen aller Art, macht das Ganze den Eindruck eines Blätterwaldes, zumal man sich im Dickicht der geschriebenen oder gezeichneten Wortschlingen und Sprachfelder eher verlaufen als zurechtfinden kann.
Claus, Jahrgang 1930 und klassischer Marxist, war in der DDR nicht immer gelitten; zu irritierend wirkte seine konkrete qvisuelle Poesie auf die offiziellen Stellen. Sogar die Ausreise legte man ihm nahe, fand sich aber mit seinem Dasein ab, zumal er sich hartnäckig weigerte, über den staatlichen Kunsthandel im Westen mit einer größeren Ausstellung aufzutreten. Die jetzige Wanderschau, im letzten Sommer in Chemnitz begonnen (und danach in Münster zu sehen), ist dann auch eine kleine Sensation, obgleich das Werk von Claus auch bei uns einigermaßen bekannt ist.
Bereits 1944 entstanden die ersten automatischen Zeichnungen und Naturgedichte, aber ein purer Automatismus wie bei den Surrealisten findet sich bei ihm nicht. Durch die Vermittlung seines Entdeckers Will Grohmann bekam er Anfang der fünfziger Jahre Kontakt zu Bernard Schultze und Franz Mon. Verstärkt visualisiert er die sprach- und lautanalytische Arbeit, betreibt…