Thomas W. Kuhn
Capricci (possibilités d’autres mondes)
»Möglichkeiten anderer Welten«
Casino Luxembourg, 7.7. – 2.9.2007
In der Landschaftsmalerei naturbelassener, wie zivilisierter Räume spielte das Cappricio seit dem Ende des 16. Jahrhunderts eine Sonderrolle. Ausgestattet mit der malerischen Technik anschaulich Gegebenes mit hoher Wahrscheinlichkeit des Wiedererkennens zu repräsentieren und einem motivisch geschulten Publikums entstanden willkürliche Ansichten der Welt, frei nach Laune des Malers. Dieses suggestive Spiel mochte einerseits unterhalten und die Fantasie anregen, andererseits der Reflektion über das Wirkliche und der Formen ihrer Darstellung dienen. Innerhalb dieser Spannung von Vergnügen und Kritik ruht die von Enrico Lunghi kuratierte Ausstellung mit 20 Künstlern, deren Werke zumeist großzügig über die beiden Etagen des heute als Ausstellungshaus dienenden ehemaligen Casinos verteilt sind.
Gemäß Lunghi bilden Kartenwerke das kritische Zentrum der Ausstellung, die aber auch eine Reihe weiterer Repräsentationssysteme würdigt.
Zwei “Altmeister” stehen Pate für die Behandlung des Themas, bei dem das Künstlerpaar Anne (*1942 Marseille) und Patrick Poirier (*1942 Nantes) bedauerlicherweise mit ihren archäologischen Modellen fehlen. Alighiero Boetti (*1940 Turin – †1994 Rom) und Joseph Kosuth (*1945 Toledo, Ohio) sind mit jeweils einer ihrer konzentrierten Arbeiten präsent. Boettis Stickbild “Mappa” von 1984 überlagert eine Weltkarte mit den Ländergrenzen desselben Jahres und diese mit den jeweiligen Nationalflaggen. Die an sich sinnliche Stickerei offenbart ihr kritisches Potenzial beim unmittelbaren Vergleich mit der Gegenwart, die einige signifikante Veränderungen in der politischen Geografie aufweist. Kosuth schafft in seinem Environment “Another Map Not to Indicate: The World before America” von 2007 auf ähnliche Weise ein Bewusstsein für die Voreingenommenheit menschlicher Zeichensysteme durch eine…