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Ausstellungen: München · von Justin Hoffmann · S. 404 - 405
Ausstellungen: München , 1998

Justin Hoffmann
Bulgariaavantgarde

Künstlerwerkstatt Lothringer Straße
München, 29.4. – 1.6.1998

Auch wenn die Konzeption, eine nationale Kultur zu präsentieren, nicht gerade überzeugt, kann die Ausstellung aktueller bulgarischer Kunst durchaus als gelungen gelten. Nicht weil in ihr das Besondere oder das Andere – Bulgarien gilt als das unbekannteste Land Europas – faszinierend zur Geltung kommt, sondern weil sie mit ihren konzeptionellen, medial nicht festgelegten Ansätzen am internationalen Diskurs wie selbstverständlich partizipiert und hierfür interessante, neue Argumente liefert. Daß die Kuratorin Iara Boubnova nur eine Frau für diese Präsentation auswählte, könnte natürlich Zufall sein, aber auch für eine patriarchale soziokulturelle Struktur Bulgariens sprechen, in der Frauen als Künstlerinnen nicht wirklich akzeptiert sind.

Den Charakter der Ausstellung, die Begegnung räumlich getrennter Kulturen, verschiebt Nedko Solakov in seiner Bilderserie “Es war einmal vor langer Zeit” auf die zeitliche Ebene. Märchenwelten treffen auf den Nike-Schweif, eine Burgfrau raucht und ein Landsknecht stellt Kaugummiblasen her. Unterschiedliche Sprach- und Bildebenen werden in den Zeichnungen humorvoll miteinander verwoben, die in ihrem Stil als klassisch-traditionell, damit inhaltlich wie formal selbst als kodiert interpretiert werden können.

Die Symbolkraft von Stühlen und Sitzordnungen ist bekannt. Stehen sie doch für den Menschen und sein Verhalten auch in dessen Abwesenheit. Luchezar Boyadjiev fügt diesen Anordnungen noch weitere symbolische Ebenen hinzu. Dazu fotografierte er Reihen von roten Stühlen. Sie ergeben von oben betrachtet bekannte Zeichen wie das christliche oder das Hakenkreuz. Diesen fügte er Texte wie “Jesus was here” bzw. “Hitler was here” hinzu. Versammlungsräume gewinnen bei Boyadjiev so eine weltpolitische Dimension.

Flaggen sind Träger politischer Zeichen. Doch was…



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