Reinhard Ermen
Brice Marden. Retrospektive
»Es ist einfach passiert«
Hamburger Bahnhof, Berlin, 12.6. – 7.10.2007
Das muss ein kompliziertes Unternehmen gewesen sein, diese bislang umfangreichste Retrospektive zum Werk von Brice Marden (*1938 Bronxville, USA), denn beim Blick in das Exponaten Verzeichnis ist nach zu verfolgen was an den drei Standorten New York, San Francisco und Berlin gezeigt wurde (Kurator: Gary Garrels) und was nicht. Die Unterschiede, „die den Räumlichkeiten der drei Museen entgegenkommen und die die Fülle von Mardens Bestand in verschiedenen Regionen der USA und in Europa dokumentieren“, sind dabei keinesfalls „geringfügig“, aber vielleicht erfordert dieses Werk, unter Einbezug örtlicher Besonderheiten und unter Berücksichtigung ihrer faktischen Empfindlichkeit einfach drei variable Sichtweiten. In Deutschland, wo der Weltberühmte wohl am wenigsten präsent ist, heißt das ganz nüchtern gerechnet: 54 Arbeiten, also 43 Gemälde und 11 Zeichnungen. Der Zeichner erscheint unterbewertet, in Berlin wird, vornehmlich in der Grande Galerie der lichtdurchfluteten Kleihueshalle, ein Maler gefeiert.
Ab 1963, nach der letzten Station seines Kunststudiums an der Yale University, tritt er in die Öffentlichkeit. Brice Marden scheint von Anfang an ein Monolith gewesen zu sein, denn die monochromen, farbschweren Farbtafeln der 60er lassen die Zeit und ihre angesagten Diskurse einfach hinter sich. Da tritt einer auf, der genau weiß, was er tut, der seine Vorbilder kennt, studiert hat, und daraus eigene, höchst individuelle Konsequenzen zieht. Dieser Umgang mit der ihn umgebenden jüngeren und älteren Kunstgeschichte, etwa mit Cezanne, Pollock, Newman oder Kline, was die entsprechenden Katalogaufsätze zu zahlreichen Referenzabbildungen zwingt, ist typisch für die gesamte…