Hans Brög
breccie
oder: Vorschule zu einer Semiotik der ästhetischen Produktion
Der Unterschied zwischen begrifflicher Sprache und Bildsprache läßt sich nicht überwinden. Nur scheinbar wird die Kluft verringert, wenn man “Lesebilder” und “Betrachtertexte” realisiert. Diese Scheinbarkeit raffiniert zu realisieren, daran ist mir seit langem gelegen. Worum es dabei prinzipiell geht, vermag ich am besten an einem früheren Prototyp zu verdeutlichen.
1964 habe ich die Mappe “breccie” hergestellt. Die Edition besteht aus sieben Faltblättern (39,5 cm x 26,0 cm), unterschiedlichen, weißen und farbigen (z. T. manuell eingefärbten) Papieren. Bedeutung und Sinn gewinnen alle sieben Blätter aus Bild-Text-Korrelationen sowie durch unterschiedliche “Papierverletzungen” (Durchbrüche, Risse, Knicke). Zur Realisation der Bildteile sind unterschiedliche Verfahren (Radierung, Prägung, Blinddruck, Siebdruck) angewendet; die Schrift ist mehrfarbig.
Unter den sieben Blättern besteht kein zusammenhängender außenweltlicher Sinn. Der Zusammenhang unter den Blättern ist operativer Art. (Der außenweltliche Sinn, der für jedes Blatt gewonnen werden kann, ist das Ergebnis immanenter Zeichenprozesse, die im letzten Schritt ihrer Entwicklung eine Bedeutung entstehen lassen, die das Werk selbst übersteigt.)
Zwei Blätter dieser Mappe sollen im folgenden Gegenstand sein. Erstens das Titelblatt “breccie” – auf der Innenseite befindet sich das Impressum – zweitens das Blatt “für jemanden eine . . . brechen.”
Das erste Beispiel ist geeignet, die gesamte Problematik zu thematisieren, die stets dann gegeben ist, wenn ein Titel, ein Name einem Objekt (auch einem ästhetischen) zugeordnet werden soll. Aus dem Gesamtangebot der potentiellen Interpretationen, die in bezug auf das benannte Objekt gegeben sind, wird durch den Namen eine Vorauswahl getroffen. Mögliche Interpretationen werden nahegelegt, andere mögliche Interpretationen sollen…