CLAUDIA POSCA
Brassai – Das Auge von Paris
Albertina Wien, 19.6. – 21.9.2003
Kunstmuseum Wolfsburg, 13.12.2003 – 21.3.2004
Als Brassai 1934 jenen Bände erzählenden “Schlafenden mit Strohhut” auf einer Pariser Bank neben einem verloren-einsamen Damen-Pumps ablichtete, lag das erste Rendezvous mit Kamera und Fotoplatte des 1899 in Brasso geborenen, eigentlich Gyula Halász heißenden Fotografen schon fünf Jahre zurück. Eine Freundin hatte dem talentierten Jungkünstler aus Transsilvanien (damals ungarisches, heute rumänisches Gebiet) mit Budapester Akademieausbildung und Hang zum Zeichnen eine Amateurkamera ausgeliehen. Fortan stand für den über Berlin (1921-22) nach Paris (1924) Gereisten, Ungarisch wie Deutsch sprechenden Künstler eine lebenslangdauernde Beziehung fest: zur Vertiefung in die vornehmsten, gleichviel aber auch in die alltäglichsten und kleinen Dinge der Welt mittels eines scharfgestellten Objektivs. Was Brassai aber nicht davon abhielt sich auch als exzellenter Schreiber seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Seit seiner Ankunft in Paris 1924 arbeitete er als Journalist, veröffentlichte 1964 / 65 mit “Conversacion avec Picasso” eines seiner Hauptwerke, schrieb Bücher über seinen Schriftsteller-Freund Henry Miller und beendete noch kurz vor seinem Tod 1984 ein Werk über Marcel Proust, den er verehrte, weil ihm die kaleidoskopartige Art zu schreiben Parallelen zur eigenen Fotografie entdeckte.
Doch was wäre diese erzählerische Gabe Brassais ohne seine Bilder, ohne seine Hingabe an das in den dreißiger Jahren noch ziemlich wenig alltägliche Medium fotografischer Ablichtung? Und was wäre diese Leidenschaft ohne die Regie jener zweier überaus wacher, jener zweier überaus wissensdurstiger, lebendiger Augen, die mehr sahen als es die meisten anderen Fotografenblicke seiner Zeit überhaupt vermochten?
Dass da eine sehr besondere,…