Hanne Weskott
Boyd Webb
»New Work«
Galerie Bernd Klüser, 3.10.-2.12.1989
Ein Mann liegt am Boden, über ihm wölbt sich düster ein Ungetüm, ein warzenbesetzter Wal oder gar die Erde selbst. In äußerst gespannter Körperhaltung scheint er daran zu saugen wie ein Baby an der Mutterbrust. Der Titel dieser Fotoarbeit lautet “Nourish” (1984, vgl. KUNSTFORUM Band 84, S. 114 f.). “Nourish” ist eine der bekanntesten und auch spektakulärsten Arbeiten von Boyd Webb, die ihn zu einem der wichtigsten Vertreter der inszenierten, arrangierten oder konstruierten Fotografie, so der Titel einer Ausstellung im Münchner Kunstverein, machen.
Aber Webbs Arbeitsweise hat sich seit damals, seit 1984, grundlegend geändert. Selbst in der Ausstellung in der Kestner-Gesellschaft im Sommer dieses Jahres war von den Arbeiten, wie sie jetzt bei Klüser und im Kunstverein zu sehen sind, nichts ausgestellt. In der Zeit von 1984 – 87 war der Mensch als Mit- oder Gegenspieler einer fingierten Vorstellungswelt, in der die Gesetze der Schwerkraft ebenso aufgehoben schienen wie die Logik von Ursache und Wirkung, ein wichtiges Korrektiv. Unter allen Lebewesen ist nur der Mensch zur Illusion fähig. Eingebaut in ein absurdes Szenarium wie das oben beschriebene “Nourish”, ist er darum doppelt gegenwärtig, als Unterlegener und Beteiligter, aber auch als Betrachter mit dem nötigen Abstand: Augenzwinkernd hinterfragt er den illusionistischen Bildentwurf, freut sich an dem geglückten Täuschungsmanöver und ist doch direkt betroffen.
In den neueren Arbeiten gelingt dasselbe nicht immer. Grundlage dieser Inszenierungen sind aufblasbare Spielzeugtierchen aus Plastik. Auch hier arbeitet Webb mit Sorgfalt und allen Finessen. Mit Folien wird Wasser vorgetäuscht, in dem die…