Michael Stoeber
Boris Mikhailov
»Look at Me I Look at Water«
Sprengel Museum Hannover, 29.07.-11.11.07
Drei für das Werk emblematische Bilder begrüßen den Besucher vor Eintritt in die eigentliche Ausstellung. Auf einem balanciert ein Jugendlicher in traumwandlerischer Sicherheit auf dem schmalen Geländer eines westdeutschen Autobahnzubringers. Unter ihm in der Tiefe liegen die Gleise eines Zuges. Der dem Foto beigegebene Text weist darauf hin, das hier vor kurzem ein Graffiti sprühender Teenager abgestürzt ist. Eine andere Aufnahme, ebenfalls in Plakatgröße, zeigt zwei depravierte Mädchen aus der Ukraine, noch Kinder, die einen kleinen, halb verhungerten Hund im Arm halten und streicheln. Das eine Mädchen ist barfuss, das andere trägt viel zu große Herrenstiefel. Durch den kommentierenden Text erfahren wir, dass sie ihr ein „Onkel“ für „Liebesdienste“ geschenkt hat. Zwei gegensätzliche Welten werden hier sichtbar, in denen sich Flug und Absturz, die Sehnsucht, sich aus den sozialen Verhältnissen zu erheben, und die Gefahr, dabei zu scheitern, ganz unterschiedlich ausprägen. Geht es im postkommunistischen Osten für die Menschen noch heute vielfach um das bloße Leben und ums schiere Überleben, sucht der Mensch im Westen oft genug durch immer neue Sensationen einen Hunger zu befriedigen, der eher seelischer als körperlicher Natur ist. Zwischen diesen beiden Aufnahmen schaut uns ihr Autor, bis zum Nabel im Wasser stehend, im Selbstporträt an. Wie Narziss spiegelt er sich dabei in der Wasserfläche, sich solcherart verdoppelnd. Mit zwei Köpfen und zwei Torsi, vier Armen und Händen fordert uns Boris Mikhailov auf, ihn anzusehen, während er auf das Wasser schaut und dort Selbsterforschung…