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Ausstellungen: Pori/Helsinki · von Michael Hübl · S. 411 - 412
Ausstellungen: Pori/Helsinki , 1991

Michael Hübl
Borealis V

»In Bewegung«
Kunstmuseum Pori, Finnland

(Porin Taidemuseo/Björneborgs Konstmuseum), 23.8. – 13.10.1991

Eisschollen oder Erinnerungsstücke: Die runden Spiegelplatten, die Migelangelo Pistoletti auf dem Paviment Kunstmuseums Pori verteilte, lassen beide Assoziationen zu. Einmal ist der Titel der Schau so kalt wie das Material auf dem Boden: “Borealis” spielt an auf Boreas, den griechischen Gott des Nordwinds Zum anderen sind Pistolettos Spiegel Rückblenden in die 60er Jahre, als der Turiner Künstler in Neapel (Museo di Villa Pignatelli) und Foligno (Palazzo Trinci) “Brunnen” baute Damals konnte man der Spiegel nur gewahr werden, wenn man sich über eine kreisrunde Fassung beugte, um in einen imaginären Schacht zu blicken. In Pori liegen die Spiegel offen. Die Implikationen, die mit diesen Elementen künstlerischer Konzeption und Praxis verbunden sind, bleiben freilich auch hier bestehen. Zwar ist das Raumerlebnis anders, trifft jetzt der Ausstellungsbesucher unmittelbar auf die gläsernen Scheiben, die mal aussehen wie leere graue Flächen, mal die Dachkonstruktion des Museums reflektieren oder zum Ort narzißtischer Begegnungen werden. Dennoch bedeuten die Spiegel nach wie vor Pistolettos Antwort auf die Zentralperspektive und die mit ihr verbundene, auf technisch-wissenschaftlichen Fortschritt ausgerichtete rationalistische Weltsicht.

“Der Spiegel ist kein Punkt, sondern ein Territorium, das jegliche Dimension annehmen und allen Zwängen entweichen kann”1, hat Pistoletto einmal konstatiert. Das scheinbar zufällige Arrangement der runden Platten sieht danach aus, als wollte er durch sie seine Hypothese bekräftigen. Denn er betont mit ihnen das Evasive, provoziert ein gleichermaßen absichtsloses wie gesteuertes Flanieren nach einem Plan, der sich wie eine zweite Ebene in die Präsentation der übrigen Arbeiten…



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