Annelie Pohlen
Bonner Behörden entdecken “künstlerischen Sachverstand”
Erste Auswirkungen der Initiative des Bonner Kunstvereins
So umwälzend neu, wie es anfangs schien, war das Ganze dann doch wieder nicht. Schon 1976 hatte die Bundesregierung – wohl ahnend, daß sie ihr Verhältnis zur Kunstszene zu überprüfen habe – einen Maßnahmenkatalog vorgelegt, welcher u.a. – man lese und staune – festhielt:
“Der Sachverstand des Künstlers wird von der Gesellschaft traditionell nur in einem verhältnismäßig eng begrenzten Bereich eingesetzt. Dies erscheint in einer Zeit, die durch ein Streben nach Humanisierung aller Lebensbereiche gekennzeichnet ist, nicht mehr überzeugend. Die öffentliche Hand macht noch zu wenig Gebrauch von den Möglichkeiten, Kunst und Politik oder Kunst und gesellschaftlich relevante Fragen in enge Wechselbeziehungen zu bringen. Im Interesse einer möglichst umfassenden Nutzung der kreativen Fähigkeiten des Künstlers erscheint es lohnend, die bisherigen Grenzen künstlerischer Tätigkeiten grundsätzlich zu überprüfen.”1
Was dies letztlich heißen sollte, war indes nicht allen angesprochenen Vertretern der öffentlichen Hand auf Anhieb klar. Immerhin .bereicherten’ das Ministerium des Inneren wie das für Jugend, Familie und Gesundheit ihren Etat im darauffolgenden Jahr um einen Fond mit dem weitausholenden Titel “Nutzung des künstlerischen Sachverstandes bei der Erfüllung von Ressortaufgaben”. Die Tatsache allein, daß man seitens höchster Regierungsstellen Künstlern .Sachverstand’ zubilligte, verdient besonderer Erwähnung. Seine Nutzung schuf indes Probleme. Ministerialrat Dr. Hartmut Vogel, mit Künstlerfragen im Innenministerium betraut:
” Zunächst ergaben sich gewisse Schwierigkeiten, über die bisherigen Bereiche der Einbeziehung von Künstlern in Ressortarbeiten hinauszukommen. Wir haben darum die Gelder auch dafür verwandt, Wettbewerbe auszuschreiben, insbesondere auch für jüngere Künstler, die bestimmte Ressortaufgaben für…