Kathrin Luz
Bohemien aus Köln.
Chargesheimer. 1924-1971
Museum Ludwig, Köln, 29.09.07-6.01.08
Das böse Auge“ – so wurde der Kölner Nachkriegsfotograf Chargesheimer von seinen Zeitgenossen genannt. Die Iris des bösen Auges schillerte in vielen Nuancen: Mitfühlend gegenüber allem Menschlichen, erbarmungslos in der Sache. Indifferent und bisweilen arrogant im Habitus, sensibel in der Beobachtungsgabe. Sentimental gegenüber alten Werten und im Krieg versunkenen Welten, kühn in der Erprobung neuer formaler Mittel. Als Bohemien, als „der sich nach unten klassifizierende Intellektuelle“ (Arnold Hauser) – so bezeichnet ihn denn auch die aktuelle Ausstellung im Kölner Museum Ludwig, die hinter dem fotografischen Werk auch die Persönlichkeit in all ihren Facetten einzufangen versucht. Immer mitten im Geschehen: Als Mensch der Exzesse hat Chargesheimer, eigentlich als Karl Heinz Hargesheimer 1924 in Köln geboren und später Student der Kölner Werkschulen, die Kölner Nachkriegszeit und vor allem auch ihr Nachtleben durchkreuzt – andere präzise porträtierend, sich selbst dabei verschwendend.
Vier Themenstränge durchziehen gleichsam wie Nervenstränge sein Werk und markieren dessen visuelle Fokusbildung: Die Stadt. Das Gesicht. Die Bühne. Und das Licht. Zunächst die Stadt: Wie ein Pathologie, so seziert Chargesheimer die Oberfläche der Stadt als großes Zeichenarsenal. Die Menschen, die hier leben und sich bewegen, ihre Mienen und Gesten. Die Straßen, in frühen Zeiten seines Schaffens noch belebte Orte, Begegnungsstätten aus Verzweifelung und Not geboren, später dann Orte voller Verwaisung und Unwirtlichkeit. Die leibliche Präsenz des Menschen verschwindet zunehmend. Die Stadt wird stattdessen zu einer reinen Bühne der Verhinderung und Beschneidung – Plätze wirken als Blockaden, Fassaden als Mauern. „Die Stadt als Signalsystem…