Ralf Hanselle
Blumen
»Zeitgenössische Fotografie«
Alfred-Ehrhardt-Stiftung, Berlin, 2.7. – 2.10.2011
Schnelligkeit war Jan Brueghels Sache nicht. Für seine Reisen brauchte der Künstler, den man aufgrund seiner zahlreichen floralen Bildwelten auch Blumen-Bruegehl genannt hatte, oft mehrere Jahre. Und auch die Erstellung seiner Gemälde nahm zuweilen weit mehr Zeit in Anspruch als ursprünglich von ihm einmal geplant war. Jan Brueghel konnte sich Langsamkeit leisten. Weit vor dem Zeitalter der Beschleunigung war der Meister des flämischen Stilllebens noch nicht der Hast und Hektik der Moderne unterworfen. Heute jedoch, wo Zeit und Raum wie medial ineinander verschachtelt erscheinen, ist das ganz anders. Vielleicht ist das der Grund dafür, dass uns die vielen Blütenbouquets und Blumenkränze auf den Bildern aus der Brueghel-Zeit wie unzeitgemäße Fremdkörper erscheinen wollen. Für das klassische nature morte scheint uns im 21. Jahrhundert schlicht Geduld und Zeit zu fehlen.
Und doch: Das Stillleben lebt. Selbst die Kunst der Moderne hat ihre ruhigen Momente. Besonders der Fotografie haben es diese angetan. Von Karl Blossfeldt bis zu Robert Mapplethorpe findet sich seit langem eine Spur der Stillstellung auf den ansonsten eher rastlosen „Technobilderng. Immer wieder findet man Fotografien, die die Bildwürdigkeit von stillen Objekten und unbewegten Einzeldingen feiern.
Selbst die alten Blumenstücke scheinen in der zeitgenössischen Stilllife-Fotografie eine Nische gefunden zu haben. Das beweist die aktuelle Gruppenausstellung, die der Fotokurator Matthias Harder für die Berliner Alfred-Ehrhardt-Stiftung zusammengestellt hat. Unter dem Titel Blumen – Zeitgenössische Fotografie zeigt Harder, wie sich das barocke Erbe durch die Fotokunst der Gegenwart zieht. Hier scheinen die alten Dualismen von Schönheit und Vergänglichkeit,…