Blühende Eurolandschaften, neonhell
Nun, am Ende des 20. Jahrhunderts, kann man Siedlungsmuster in Europa am besten nachts von einem Flugzeug aus erkennen, ein beinahe flächendeckendes Netz von Transportrouten, von verstreuten Industrie-, Wohn- und Freizeitfeldern. Die historische Stadt ist hier nur einer von vielen Knotenpunkten.”, wird der britische Architekt Peter Wilson in einem sozialwissenschaftlichen Sammelband zur ,Suburbanisation in Deutschland’ zitiert. Das Titelbild zeigt die Vor-Verstädterung in voller Blüte: Vorne Neubausiedlung, Brachfläche, Gewerbehallen, dazwischen Auto- und Bahntrasse, dann ein ausgestrecktes Shopping-Areal nebst Businesspark, und ganz hinten Plattenbau-Großsiedlungen unterschiedlicher Jahrgänge und Einfamilienhausteppich, durch etwas Wald voneinander abgesetzt. Auf dem Luftbild von Suburbia fehlt eigentlich nur der obligatorische Autobahnanschluss.
Deutsche Stadt- und Raumforschung der Vorstädte ist – wenn überhaupt aufgegriffen – ein Terrain zwischen Politikberatung, Tabellen und graugerasterten Balkengrafiken. Schon dieses Buch zur Suburbanisation ist in Deutschland immer noch eine Rarität. In der angloamerikanischen Literatur hingegen fungiert Suburbia als Feld für Studien tief hinein in die Kulturmilieus, der Anmutungen und vorstädtischer Lebenspraxen. Das liegt sicher auch daran, dass in den USA inzwischen mehr Menschen in Suburbs denn den Downtowns wohnen. Aus dem niederländischen Raum wiederum kommen Bilder-Bücher, die dem ,dirty urbanism’ ungeregelten Bauens frönen. Klaus R. Kunzmann zumindest wagt sich mit einer Kartierung des “funktionalen Archipels der europäischen Stadtregionen” zwischen “Weltmarkthallen” und “Funurbia” an diese neuen Terrains heran.
Geht die Bundesrepublik einen innenstadtfixierten Sonderweg? Selbst Berlin wächst ja nicht, sondern verliert jährlich um die 200.000 EinwohnerInnen – trotz der vielen Zuzügler, was die Höhe der neuen VorstädterInnen noch einmal höher schnellen lässt. “Das Umland ergänzt nicht mehr…