Amine Haase
Blickpunkt: Frankreich
Marseille-Provence 2013 und das Festival International d’Art de Toulouse
Der große Brückenschlag
Das Kulturhauptstadt-Projekt verändert das Gesicht der Mittelmeer-Metropole
Früher, in den neunziger Jahren, wenn wir auf einer unserer zahlreichen Südfrankreich-Reisen Station in Marseille machten, war der Hauptgrund ein Besuch bei unserem Freund Conrad und seiner Frau. Allein ihre Wohnung an der Corniche du Président Kennedy war ein Erlebnis. Vom Salon aus konnte man bis zu den Inseln schauen. Vor allem hat uns stets die Ile d’If fasziniert mit der Burg, in der Alexandre Dumas seinen Roman-Helden, den Grafen von Monte-Christo, schmachten ließ. Wie oft haben wir bei dem Blick aufs schier endlose Mittelmeer-Blau Charles Trenets „La mer“ geträllert. Am Geländer des Balkons stand Conrad immer wie der Kapitän an der Reling eines Hochseedampfers, umrahmt von seinen Söhnen Bubu und Bob, die eigentlich François und Robert heißen, ein Begrüßungsgläschen in der Hand – bevor wir alle mit Trara zum Abendessen Richtung Alter Hafen loszogen. Oder wir fuhren im offenen Wagen zum Bouillabaisse-Essen in das Fischerdorf Goudes, atemberaubend schön gelegen in den Calanques, wo das Meer sich in die Kalkfelsen der Küste – bis Cassis – gefressen hat. Nach Conrads Tod liegt Marseille irgendwie nicht mehr auf der Ferien-Route. Le temps passe, die Zeit vergeht, und 2013 sind auch Bob und Bubu nicht mehr in Marseille. So kommt es mir vor, als besuchte ich die Stadt zum ersten Mal.
Marseille hat viele Gesichter. Und jetzt, da die zweitgrößte Stadt Frankreichs Kulturhauptstadt ist und sich aus dem Anlass mit der…