Jürgen Raap
Black Market
Offenes System der Begegnung
Der finnische Künstler Roi Vaara schmuggelte sich als “White Man” in weißer Kleidung und weißer Schminke in einen Ästhetiker-Kongreß und verharrte dort schweigend in der Diskussionsrunde. “Eine klassische Aktion, die sich aus Haltung ergibt”, urteilte Künstlerkollege Boris Nieslony, der Vaara nach einigen Begegnungen in den “Black-Market”-Kreis einlud. Dazu gehören außer den beiden Genannten Jürgen Fritz aus Kassel und Norbert Klassen aus Bern, der Niederländer Jacques van Poppel, der Pole Zbigniew Warpechowski sowie Alistair MacLennan aus Nord-Irland und Nigel Rolfe aus Dublin: Mehrheitlich liegt die künstlerische Herkunft der Beteiligten in den Bereichen Theater, Musik und Performance.
Die “kulturübergreifende Wahlverwandtschaft” erarbeitet keine Stücke oder Themen, die Auftritte gleichen einer szenischen Collage aus absurden Bildern: “Die Performance stellt ein Ereignis dar, das als Modell gesellschaftlicher Begegnung ‘Berührung’ skizziert”, heißt es in einem Grundsatztext. Wenn Boris Nieslony mit einem Kindermusikinstrument einen Raum durchschreitet und damit die Verlangsamung und Beschleunigung von Bewegung erlebt, gleichzeitig Norbert Klassen mit Hammer und Stichel Blindenschriftpunkte in ein leeres Buch stanzt, Roi Vaara Sand siebt und der inzwischen aus der Gruppe ausgeschiedene Zygmunt Piotrowski laut knirschend kleine Steinchen zertritt, wird “aus der Vielfalt des Geschehenden das gewählt, was jetzt und in diesem Moment die innere Bildung in der Zeit gewährleistet”. Zbigniew Warpechowski beteiligt sich nur mit einer relativ kurzen Aktion und sitzt die restlichen eineinhalb Stunden ruhig auf einem Stuhl, zieht durch seine Präsenz und Ausstrahlung dennoch die Aufmerksamkeit des Publikums auf sich.
Die Simultaneität monologischer Einzelbeiträge (s. Interview) fußt auf der Überzeugung, daß “das absolute…