Bernd Lötsch
Biologie der Schönheit
Ästhetik und Architekturkritik
Motto: “Wir leben nur um Schönheit zu entdecken. Alles andere ist eine Art des Wartens.”
Khalil Gibran
Einleitung
In einer japanischen Universitätsstadt waren zur gleichen Zeit ein alter Zen-Meister und ein europäischer Gelehrter tätig – doch der erfolgsgewohnte europäische Gelehrte stand vor leeren Hörsälen, alle Studenten waren beim alten Zen-Meister. Eines Tages griff der Wissenschaftler zum Telefonhörer und rief den Zen-Meister an: Ich möchte Sie kennenlernen! I want to challenge your ideas. Ich möchte ihre Ideen herausfordern.
“You’re welcome, may I invite you for tea?”. “When is teatime?” “Every time is teatime in Japan.” Sie machen sich einen Termin aus. Der Zen-Meister gießt in zeremonieller Gebärde die Teeschale voll. Der Tee in der Schale macht bereits einen Gupf, läuft über, aber der Zen-Meister hört nicht auf zu gießen. Der Tee tropft schon auf den kostbaren Teppich. Der europäische Gelehrte sagt: “Hören Sie doch auf zu gießen … der wertvolle Tee! Es geht doch gar nichts mehr hinein in das Gefäß.” Worauf der Zen-Meister sagt: “The same ist with your mind”, das gleiche gilt für ihren Kopf. Wie wertvoll und wieviel es auch wäre, das ich Ihnen zu sagen hätte, es ginge nichts mehr hinein. Machen Sie sich zuerst leer, machen Sie sich frei von allen Vorurteilen, von allen Mißverständissen, von allen vorgefaßten Meinungen.
Ich sage das deshalb, weil mich die Einladung zu einem Seminar “Ökologie und Kunst” – noch dazu durch einen Freund wie Dieter Bogner, einen der effizientesten Naturschützer, der sich außerdem noch mit Kunst beschäftigt, zunächst…