Otto Neumaier
Bill Viola
»Unseen Images«
Kunsthalle, Düsseldorf, 19.12.1992 – 28.2.1993
Nie gesehene Bilder” verspricht uns der deutsche Titel der Ausstellung von sieben 1992 entstandenen Videoinstallationen des Amerikaners Bill Viola, die von Düsseldorf aus ihren Weg durch Europa nimmt. Dieser Titel ist insofern etwas irreführend, als er die Erwartung weckt, daß die Betrachter Arbeiten zu sehen bekommen, die noch nie zuvor gezeigt wurden, die relativ zum bisherigen Werk Violas völlig neu sind oder die etwas Sensationelles, noch nie Dagewesenes zeigen. Dies ist jedoch nicht unbedingt der Fall. Die Werke wurden nicht nur schon andernorts gezeigt, sondern sie greifen auch Motive und Bilder früherer Arbeiten von “Anthem” (1983) bis “The Passing” (1991) auf; zudem stellen die zu sehenden “Bilder” geradezu elementare Gegebenheiten der menschlichen Lebenserfahrung dar. Neuheit im erwähnten Sinne war indes wohl auch nicht angestrebt. Dem englischen Titel zufolge will Viola eher etwas sichtbar bzw. bewußt machen, was gewöhnlich “ungesehen” oder “unbemerkt” bzw. für unsere Augen “unsichtbar” bleibt – einerseits, weil es im Alltag zumindest nicht so klar zu sehen ist wie durch die (video-)technische Verfremdung und künstlerische Verdichtung, andererseits aber, weil wir es nicht sehen wollen, da es uns erschreckt oder unangenehm berührt.
Wer Violas “The Arc of Ascent” auf der DOCUMENTA IX gesehen hat, kennt bereits das Gefühl der nahezu unerträglichen physischen und psychischen Spannung, das durch die räumlich und zeitlich gedehnte Darstellung eines im Wasser schwebenden und schließlich von einer unbändigen Kraft aus dem Bild “gesogenen” Mannes vermittelt wird. Derselbe (mit dem Künstler identische?) Mann taucht im “Nantes Triptych” wieder…