STEFAN HEIDENREICH
Bilderströme
LINEARE UND NICHTLINEARE RELATIONEN ZWISCHEN BILDERN
Der Absehbarkeit technischer Entwicklungen steht eine große Unsicherheit über deren kulturelle Anwendung gegenüber. Dass die Übertragungsraten der Netze im Lauf des nächsten Jahrzehnts so ansteigen werden, dass ein Bilderstrom in akzeptabler Qualität jeden Nutzer oder Betrachter erreicht, ist ein Gemeinplatz der neuen Techno-Utopisten. Die Schlacht um Standards, Software und Marktsegmente wird sich in das Reich der Bilder verlegen. Was aber genau in und mit den Bildern geschehen wird, bleibt offen. Um aller Unwägbarkeiten zum Trotz einige kulturtechnische Randbedingungen aufzuzeigen, erweist sich der Gegensatz von Linearität und Nichtlinearität als ein hilfreiches Begriffspaar.
Wie in jedem mehrdimensionalen Datenkörper treten auch in Bildern verschiedene Arten von linearen, eindimensionalen Strukturen auf. Zwei Sorten lassen sich grundsätzlich unterscheiden: solche in der Bildfläche und solche in der Zeit. Linien jeder Art sind Linearitäten in der Fläche. Einfach verknüpfte, nacheinander ablaufende Bildfolgen spielen in der Dimension der Zeit, wie etwa die Reihe von Bildern auf einem Zelluloidfilm.
In jedem Bildmedium sind bestimmte Linearitäten oder Nichtlinearitäten technisch angelegt, mit denen kulturelle Standards einen bestimmten Umgang etablieren. Zum Beispiel setzt die Hypertext Markup Language (HTML) Buchstaben, ein Form flächiger Linearitäten, dazu ein, um in der Dimension der Zeit Verzweigungen zu setzen und Entscheidungen abzufragen. Die zeitbezogenen Nichtlinearitäten in Bildern sind in dem Maß wichtiger geworden, in dem parallele Bilderströme verfügbar wurden. Je mehr Bilder man parallel abrufen kann, desto drängender wird das Problem, wie diese miteinander verknüpft, angeboten und ausgewählt werden können.
Ein kurzer historischer Durchlauf zeigt, wie der Gegensatz von Linearität und Nichtlinearität…