Bilderstreit
Brandon Taylors Streifzug durch die Gegenwartskunst seit 1968
Als Carl Andre Ende der sechziger Jahre seine schweren Eisenquadrate auf Galerieboden auslegte, mußte mancher schwer schlucken – so hermetisch, wie die Minimalisten leichte Konsumkost verweigerten und mit Primärformen auf das eigene Bild zurückwerfen wollten. Selbst eine so ironische Kritik der Ursprünge von Kunstbedeutung wie Marcel Duchamps Pissoir ruft heute noch Unwillen hervor. Routiniert bereitet das Betriebssystem Kunst noch die widerständigste Avantgarde zum Kunstgenuß auf, streitet um die immer gleichen Galionsfiguren. Glaubt man dem englischen Kunstkritiker Brandon Taylor, “pisst” die allerjüngste Kunst längst auf die ganze Avantgarde – nach einem Wort Mike Kelleys.
Körper, Gefühl, Figur und Ironie heißen die Waffen gegen die strenggläubige Moderne. So wie Brandon Taylor in seinem Buch die Kunst seit Beginn der siebziger Jahre als sinnlichen Aufstand gegen die überintellektuelle Avantgarde deutet, bestätigt er den Karlsruher Kunstpapst Heinrich Klotz in seinem Loblied von der “Zweiten Moderne” und den wiedergewonnenen “Formen der Gegenwart”. Zwar kehrt Taylor Klotzens neue Mediengötter so sträflich unter den Teppich, daß sein Bericht nur als eingeschränkt brauchbar bezeichnet werden kann. Der abwaschbare Einband des robusten Buches, Teil einer sechsbändigen, “dekorativen Schmuckkassette”, seine schlechte Bindung und die marktschreierische Werbung: “Kunst en gros – zum Sammeln” wirken zwar auf den ersten Blick überaus abschreckend. Trotzdem kann man zumindest Taylors von Petra Unnützer gelegentlich etwas schwerfällig übersetzten Berichtsband über die widersprüchliche Rückkehr von Fiktion und Erzählung als anschaulichen und kritischen Führer durch das unüberschaubar gewordene Netzwerk der internationalen Gegenwartskunst benutzen.
“Art in context” – der englische Titel der Reihe, deren…