Doris v. Drathen
Bilder aus der Neuen Welt
“Amerikanische Malerei des 18. und 19. Jahrhunderts”
Orangerie, 2.12.1988-5.2.1989,
Kunsthaus Zürich, 3.3.-15.5.1989
Als Pigeon’s Egg Head von Bord des Dampfschiffes ging, trug er die dunkelblaue Uniform eines Obersts mit goldenen Pauletten, hatte einen Säbel am Gürtel, stützte sich elegant auf einen Schirm, versteckte eine Flasche Whisky im Rock. Der Häuptling der Assiniboin-Indianer hatte in Washington beim Präsidenten der gerade 60 Jahre alten Vereinigten Staaten den stolzen Federschmuck eingetauscht gegen einen eitlen Biberhut. Für seine Stammesgenossen war er kaum wiederzuerkennen, und so beängstigend klang sein Reisebericht, daß Haß und Feindseligkeit gegen ihn losbrachen, ein junger Indianer ihn schließlich umbrachte.
Das erklärt der sorgfältig und umfassend erarbeitete Katalog der Berliner Ausstellung “Bilder aus der Neuen Welt” zu der zweigeteilten Bildtafel “Pigeon’s Egg Head auf dem Weg nach Washington und bei seiner Rückkehr”.
George Catlin hat in den 30er Jahren des 19. Jahrhunderts das Thema ohne große malerische Ambitionen ins Bild gesetzt. Das ist deutlich – es geht um das schlichte Erzählen mit Pinsel und Farbe, nicht um das Abenteuer Malerei, das auf der anderen Seite des Atlantiks zur gleichen Zeit Ingres, Turner oder Delacroix auskosteten.
Die Bilder aus der Neuen Welt erzählen tatsächlich von einer neuen Welt und sind nicht etwa neue Bilder – das fällt am stärksten ins Auge bei einem Gang durch die Orangerie: Diese amerikanischen Maler aus dem späten 18. und 19. Jahrhundert – jene Stuart, Copley, Homer, Bingham, die in die Weltgeschichte der Kunst nicht eingegangen sind, in Europa nicht beachtet und in den…