Stefan Römer
Bilder aus dem Paradies
»Koloniale Fotografie aus Samoa, 1875 – 1925«
Rautenstrauch-Joest-Museum, Köln, 20.1. – 7.5.1995
Wie sehen Samoaner heute ihre nackten Landsleute, eingerahmt von rassistischen Meßlinealen oder ausstaffiert mit Requisiten exotisch wilder Schönheit? Tröstet sie die Geste, daß Abzüge dieser etwa 100 Jahre alten Fotografien bald in eigenen (von den Kolonisatoren gegründeten) Institutionen zu besichtigen sein werden?
Der Anspruch der Ausstellung ist es, so Alison Devine Nordström und Peter Mesenhöller, den Exploitationskanon der exotischen Bilder von den Bewohnern der ehemals deutschen Kolonie Samoa – der Perle der Südsee – zu hinterfragen und die internalisierten »individuellen und kollektiven Bilder« zu untersuchen. Dabei sollen »nicht mehr die ethnographischen Bildquellen selbst im Mittelpunkt des Interesses stehen, sondern die Modalitäten des Umgangs mit ihnen« (P.M.).
In diesem Sinne war das Aufkommen der Fotografie parallel zum deutschen Kolonialismus für die Verbreitung des Klischees vom sanften Wilden im paradiesischen Naturzustand das optimale Medium. Für die Betrachter zuhause materialisierte sich im implizit kolonialistischen Blick der Fotografen ihr christlicher Ursprungsmythos und der die eigene Hochkultur bestätigende missionarische Anspruch, diese Wilden zu domestizieren. Einer Rückkopplung gleich, wird dieses Bild seitdem auf die Samoaner zurückübertragen. Edward Said wies darauf hin, daß in Bildern vom Orient dieser abwesend ist; der Eurozentrismus konstruiert sich ein Anderes, das bereits durch Beschreibung und Mediatisierung einer ideologischen Repräsentation verfällt: Projektionsfläche für exotische Schönheitsvorstellungen, die leichter verfügbar waren als erotische Fotografien.
Trotz aller Museumsdidaktik scheint sich bei dieser Ausstellung der männlich kolonialistische Blick zu wiederholen, weil der Effekt des Voyeurismus nicht ausgeschlossen werden kann, sondern sogar eine Funktion…