Michael Hübl
Bettina Pousttchi
»World Time Clock«
Kunsthalle Basel, 16.1. – 13.3.2011
Wladimir Tatlins Monument für die III. Kommunistische Internationale ist in die Jahre gekommen. Also dorthin, wo es eigentlich immer schon war. Denn diese Glücksspirale aus Stahl und Eisen, die sich „Mit voller Kraft“ (so der Titel des fünf Meter hohen Modells) in den Himmel der Utopien schrauben sollte, war nie ein realgesellschaftliches Ereignis, dafür aber eine kunsthistorische Wegmarke: machtvolle Demonstration der Möglichkeiten einer fortschrittsbegeisterten Moderne. Ein demonstrativer Akt, dergestalt projektiert, dass er 400 Meter hoch in den öffentlichen Raum von St. Petersburg hineinragen würde, das seit 1914 Petrograd hieß. Doch so wie der Traum einer klassenlosen und repressionsfreien Gesellschaft nie verwirklicht wurde, so blieb Tatlins großer Wurf bereits in der noch jungen, revolutionären Sowjetunion auf das Stadium der Ideen beschränkt.
Damit sind einige der historischen Koordinaten umrissen, auf die sich ein teil der Arbeiten von Bettina Pousttchi bezieht. Das regionale Dispositiv für ihre Videos, Objekte, Installationen und Fototableaux bildet hingegen der öffentliche Raum von Berlin – unter besonderer Berücksichtigung seiner Antagonismen und Paradoxien. Die Boulevards der Stadt dienen gleichermaßen der Aufmöbelung eines gegenüber London oder Paris weniger fundierten metropolitanen Selbstwertgefühls wie als Austragungsort unterschiedlichster Manifestationen zwischen Kitsch und Politik. „Unter den Linden“ etwa finden sich „Buddy Bears“, lebensgroße Bärenplastiken mit buntem Fröhlichkeitsanstrich, wohingegen Olaf Metzel schon 1987 mit seiner Arbeit „13. April 1981“ (auch bekannt als „Randaledenkmal“) Berlins Straßen als Orte politischer Auseinandersetzung kennzeichnete, allerdings auf dem Kudamm im Westen und nicht auf der Prachtallee jenseits des Brandenburger Tors, die damals…