Beton
Kunsthalle Wien, Museumsquartier
25.06. – 16.10.2016
von Petra Noll
Es geht in dieser Ausstellung nicht darum, das Arte Povera-Material Beton als gestalterisches Material für die bildende Kunst wiederzubeleben, um kunstimmanente bzw. ästhetische Probleme eines Werkstoffs zu diskutieren, der im virtuellen 21. Jahrhundert so scheinbar deplatziert wirkt. Die KuratorInnen Nicolaus Schafhausen und Vanessa Joan Müller haben hier ein anderes Konzept realisiert, ein Thema, das in der Kunst bereits seit Jahren – es gibt neben neuen auch Arbeiten aus den 1980er-/1990er-Jahren – auf größtes Interesse stößt. 29 internationale KünstlerInnen setzen sich mit den sozialen und politischen Aspekten von Betonarchitektur der 1950er- bis 1970er-Jahre auseinander, um daraus für Gegenwart und Zukunft zu schöpfen. Innovativ und radikal wie die 1960er-Jahre selbst war damals das Material Beton, mit dem man nach der Tabula rasa des II. Weltkrieges schnell und günstig Massenwohnungen, aber auch vorher undenkbare Konstruktionen bauen konnte. Der damals entwickelte, auf Beton ausgerichtete Baustil des Brutalismus (fr.: béton brut = roher Beton) ist nicht nur ästhetisch Ausdruck von Selbstbewusstsein – man stellte unverputzten Sichtbeton regelrecht zur Schau –, sondern er steht auch für den Glauben, die Gesellschaft mit Architektur zum Besseren verändern zu können. Zehn Jahre später war die Euphorie bereits verblasst und Beton wird bis heute ambivalent beurteilt; einerseits als hart, schwer, grau und auf gleichförmige Architektur weisend abgelehnt, andererseits als flexibel, langlebig, preiswert und vielfach einsetzbar gepriesen.
Einige der ausstellenden KünstlerInnen haben soziale Wohn- oder andere öffentliche Bauten – häufig ihres jeweiligen Heimatlandes – künstlerisch erforscht, wie Ingrid Martens aus Johannesburg mit dem Video „Africa Shafted: Under One Roof“ (2011). Sie hat dort fünf…