Bernhard Blume
‘Natürlich’ sagen wir, wenn die Natur uns mit fürchterlicher Macht wissen läßt, daß wir sie nicht beherrschen. Allerdings hält uns das nicht davon ab, so zu tun, als hätten wir ihre Kräfte gezähmt. Insofern ist unsere Reaktion gar nicht ‘natürlich’. Unerschütterlich halten wir am Glauben fest, daß wir ihre Geheimnisse enthüllt und sie damit fest im Griff hätten. Katastrophen passieren meist anderen, nicht uns verapparateten Zivilisationsgeschöpfen. Fernsehen und Film stiften Distanz zu den schrecklichen Geschehnissen, mildern das Schlimme durch ein heiteres Bild, stempeln alles zum Schautheater. ‘Natürlich’ ist der Titel einer Sofortbild-Serie von Bernhard Johannes Blume. Eine ironische Parabel menschlicher Anmaßung und deren Folgen. Einfache Naturprodukte fordern in Blumes Bildsequenzen ihr Recht, der Blumenkohl und der Salatkopf. Sie entpuppen sich als widerspenstige Wesen, wehren sich aller Wahrscheinlichkeit zum Trotz dagegen, ihrer Bestimmung zugeführt zu werden. Als seien sie lebendige Kobolde entfachen sie einen Kampf, in dem der Verbraucher den kürzeren zieht. Blume inszeniert ein blühendes Theater. Was dieses Theater vorführt, spricht jeglicher Wahrscheinlichkeit höhn. Gleichwohl hat sich das Geschehen in der Form vor der Kamera abgespult, wie sie es aufgezeichnet hat. Keine Manipulationen in der Dunkelkammer. Die Verwendung der Sofortbild-Fotografie schließt es aus. Blumes Inszenierung verleiht toten Naturprodukten, Substrate unserer täglichen Nahrung, lebendige Existenz. Lebendig wirken sie aber nur auf diejenigen von uns, die sich eine Vorstellung vom Eigenleben der Natur bewahrt haben. Zunächst entlocken uns die verrückten Aktionen der Bildgegenstände ein verstörtes Lächeln. Je energischer der Verbraucher, stets vom Künstler dargestellt, ihnen aber zu Leibe rückt, desto renitenter…