Helga Meister
Bernd & Hilla Becher
Mit Grossbildkamera und Stativ sind die Fotografen Bernd und Hilla Becher (geb. 1931 in Siegen bzw. 1934 in Postdam) seit 1959 gemeinsam den Bauwerken des ersten Industriezeitalters auf der Spur: Sie registrieren und archivieren die Zeugnisse einer verfallenden Kultur systematisch und mit nüchternem Blick. (…) Als Archivare “Anonymer Skulpturen”, wie die Bechers ihre ersten Bestands-Aufnahmen verfallender Kühl-, Förder- und Wassertürme, Gasbehälter und Hochöfen des ersten Industriezeitalters nannten, später als “Konzeptkünstler” auf der Spur nie miteinander verglichener, einzig in Foto-Sequenzen vergleichbarer Bauwerke standen ihnen die grossen Avantgarde-Schauen diesseits und jenseits des Atlantiks offen. Sie haben in Chicago ausgestellt und in São Paolo, in New York und in Mailand, in Ottawa und Eindhoven. Dreimal haben sie an der Kasseler documenta teilgenommen, und 1990 sollen sie die Bundesrepublik auf der Biennale von Venedig repräsentieren. (…) Die Bechers … fotografieren Zweckbauten der Industrie, begannen damit im Siegerland, gingen dann ins Ruhrgebiet und nach Belgien, 1965 nach Grossbritannien, ab 1968 auch in die USA. Sie entdeckten im Förderturm die Radskulptur, im Wasserturm die Raumkapsel oder die Fliegende Untertasse. Sie beschworen das Röhrengeschlinge in den Raffinerien, sichteten zylindrische und kastenförmige Silos, kubische oder hyperbolische Kühltürme, Schrauben- und Scheiben-Glasbehälter, Kalk- und Hochöfen, Ölpumpen und Wassertürme, Mühlenwerke und Kornspeicher. Immer in typologischen Reihen und unter vergleichendem Aspekt. Als historisches Archiv und Dokument der Gegenwart; stumme Zeugen für Architektur und soziales Leben im 19. und frühen 20. Jahrhundert.
Zitiert nach Helga Meister,in: art/Das Kunstmagazin, Nr. 10/88, S. 56ff.
Veröffentlichungen im KUNSTFORUM:Lothar Romain, Photographie – am…