Christian Huther
Bernar Venet
Unlösbar. Skulpturen, Gemälde, Konzepte
Kunsthalle Darmstadt, 25.11.2008-8.3.2009
„Ich verstehe mathematische Formeln nicht, erwarte dies auch nicht vom Betrachter.“ Ein sympathisches Eingeständnis. Bernar Venet ist Bildhauer, kein Mathematiker. Der Franzose, Jahrgang 1941, suchte lange nach einer Kunst mit nur einer Bedeutungsebene und fand sie schließlich in der grafischen Darstellung von mathematischen Formeln, wie er im Rückblick sagt: „Das Figürliche war in der Kunst bereits ausgeschöpft, das Abstrakte ebenso, da blieb nur das Grafische“. Seit den späten 70er-Jahren feiert er mit dieser Idee des Eindeutigen statt des Vieldeutigen internationale Erfolge. Seine mannshohen oder monumentalen Skulpturen aus meist rostigem Vierkantstahl gehören längst zu vielen Stadtbildern, von Berlin bis Paris. Freilich ist Venet in seiner Heimat präsenter als bei uns.
Nun ermöglicht die Darmstädter Kunsthalle einen Überblick über Venets Schaffen des vergangenen Jahrzehntes. Der Künstler entwickelt alles aus der Linie, die er in dynamische Kreisformen bringt. „Indeterminate Lines“ nennt er eine seiner (oft parallel laufenden) Werkphasen, die im Vorhof der Kunsthalle dokumentiert wird. Diese spiralförmigen Skulpturen bestehen aus mehreren Teilen, sind aber ineinander verknäult und kaum zu entwirren. Als Zeichen für die Unendlichkeit sind sie jedoch nicht zu verstehen, sonst wären sie aus einem Stück. Vielmehr sind diese seit den 90er-Jahren entstehenden „Unbestimmten Linien“ ein Produkt aus Ordnung und Chaos, Logik und Zufall, Rationalität und Irrationalität.
Um diese Pole kreist Venets Schaffen. Seine „Arcs“ spielen auch mit dem Fragment und dem Wunsch nach Perfektion. So verrät der Titel „229,5 Grad“ das Kreissegment des Bogens und zugleich das noch fehlende Teil. Information und Werk sind…