Marius Babias
Berlin März 1990
Galerie Wiensowski & Harbord, Berlin, 6.5. – 10.6.1990
Kunstverein Braunschweig, 5.7. – 2.9.1990
Einladungskarte, Ausstellungsplakat und Katalogumschlag künden in schwarz/rot/goldener Farbigkeit von jener Euphorie, welche die Vereinigung beider deutscher Staaten begleitet. Hat etwa die Begeisterung über den Endspielsieg der deutschen Fußballnationalmannschaft die Kunstwelt erreicht, trotz des geschenkten Elfmeters? Drängt es die bildende Kunst, die ja im Unterschied zu anderen Künsten universelle Codes ausbildet, wieder nach regionalen und nationalen Aufgaben? Und findet diese Bestrebung in der Nationalflagge ihr Symbol? Wird also auch die deutsche Kunst wiedervereinigt? Und geben 28 überwiegend deutsche Künstler ihrer Freude darüber einen salonfähig gewordenen Ausdruck?
Keineswegs. Die Ausstellung “Berlin März 1990” vermeidet jede deutschnationale Peinlichkeit, sie ist hinsichtlich jener gern verdrängten Beziehung zwischen Kunst und Politik strategisch, aber nicht gelehrsam oder gar belehrend zu nennen. Die vorwiegend kleinen und eigens für die Ausstellung erstellten Arbeiten sind auch keine Kommentare zur politischen Entwicklung, die sich ohnehin nicht um Kunst schert. Vielmehr indizieren sie die politische Lesbarkeit jedweder künstlerischer Arbeit, wenn nur der Kontext ihrer Präsentation den entsprechenden thematischen Rahmen vorgibt. So haben Einladungskarte und Plakat diesbezüglich eine doppelte Signalwirkung.
Signale senden die Arbeiten unterschiedlich stark oder schwach aus. Hans Haackes “Silberblick”, zum Zeitpunkt der Ausstellung in Berlin noch aktuell, ist mittlerweile historisch. Der damalige Wechselkurs 2:1, an des Bundeskanzler Augen abzulesen, gilt heute nicht mehr. Auch die Berliner Mauer, von Rudolf Bonvie in einer dreiteiligen Fotoarbeit festgehalten, ist als geschichtlicher Fixpunkt unzuverlässig geworden. Sie verschwindet alltäglich und mit ihr die Erinnerungsmetapher der Historie. Bogomir Eckers “System der…