»Benjamin würde sich heute sofort umbringen«
Gérard Régnier/Jean Clair im Gespräch mit Maribel Königer
Mit neun zu fünf Stimmen war die Sache entschieden. Gérard Régnier, der Direktor des Picasso Museums in Paris, ist künftig Leiter der Kunst-Biennale in Venedig und löst damit den umstrittenen Achille Bonito Oliva ab. Régnier, weithin besser bekannt unter seinem Pseudonym Jean Clair, gilt innerhalb und außerhalb Frankreichs als erfahrener Ausstellungsmacher und erfolgreicher Publizist. Großen Zuspruch erhielt seine jüngste Ausstellung “L’âme au corps” im Grand Palais (siehe KUNSTFORUM, Bd. 125), die an die von ihm mitorganisierte “Wunderblock”-Ausstellung in Wien anknüpfte. Aus seiner Zeit als Konservator am Centre Georges Pompidou unter Pontus Hulten ist vor allem die panoramatische Schau “Les Réalismes entre révolution et réaction 1919-1939” von 1981 in Erinnerung geblieben, die auch in Berlin zu sehen war. Veröffentlichungen wie “Méduse: contribution à une anthropologie des arts visuel” bezeugen den kulturgeschichtlich weiten Bogen, den Régniers Aktivitäten spannen. Zentral war ihm lange die Beschäftigung mit Marcel Duchamp, dem er mehrere Essays und Ausstellungen gewidmet hat; unter diesen findet sich auch der Werkkatalog von 1977. Mit kritischen Äußerungen zum Kunstbetrieb, beispielsweise in “Considérations sur l’état des beaux-arts: critique de la modernité” (1983) oder in “Paradoxe sur le conservateur” (1988) sowie mit seiner Vorliebe für figurative Malerei hat er sich in den Ruch des Konservativen gebracht. Dieses Etikett findet der weltläufige Museumsmann mit ausgeprägter Abneigung gegen das Fotografiertwerden so unsinnig wie ein Interview über noch unausgegorene Projekte. Trotzdem, und obwohl er in gerade einmal zwölf Monaten zwei Großausstellungen vorzubereiten hat, nahm er…