Frankfurt
Bending the Curve
Wissen, Handeln, [Für]Sorge für Biodiversität
Frankfurter Kunstverein 13.10.2023 – 03.03.2024
von Judith Elisabeth Weiss
Die wissenschaftlichen Zustandsbeschreibungen bescheinigen der globalen Biodiversität seit Jahrzehnten eine verheerende Entwicklung. Folgt man den aktuellen Berechungen des Living Planet Index, so sind die Bestände vieler Arten seit 1970 durchschnittlich um annähernd 70 Prozent geschrumpft. Dieser Befund steht im Mittelpunkt der Ausstellung Bending the Curve im Frankfurter Kunstverein, die – wie der Titel schon ankündigt – die steil nach oben verlaufende Kurve des Artensterbens zwar zum Ausgangspunkt nimmt, jedoch Mittel und Wege aufzeigt, wie eine „Schubumkehr“ des negativen Trends bewirkt werden kann. Und deshalb setzt die Schau auf positive Erzählungen und nicht auf apokalyptische Narrative, von denen die Künste in Zeiten von Krisen überschwemmt werden. Sie schließt sich nicht dem Lamento über den weißen alten Mann an, der nicht nur andere Lebewesen zum Aussterben bringt, sondern im Furor von Zerstörung und Ausbeutung auch seine eigene Existenzgrundlage abgräbt und deshalb besser abdanken sollte. Die Präsentation wird vielmehr von dem positiven Impuls getragen, dass der steile Anstieg des Artensterbens durch neue Handlungsoptionen gemildert werden kann. Doch so wenig, wie sie die ökologische Kränkung durcharbeitet, die dem Menschen derzeit widerfährt, die lähmende Macht von Verlustangst und Umwelttrauer, so wenig ist die Ausstellung ein einhegendes Unternehmen, das falschen Optimismus durch die Illusionsmaschine Kunst verbreitet. Die Finesse, Kunst und Wissenschaft als gleichberechtigte und sich gegenseitig ergänzende Sichtweisen zu präsentieren, ist ein Gewinn und folgt aktuellen Ansätzen von Donna Haraway, Anna Löwenhaupt Tsing, Stefano Mancuso und einer Reihe anderer theoretischer Positionen….
