Volker Albus
Beige-braun-grüne Schleier.
Idyllen daheim und unterwegs
Wenn sie alle beide lautlos schwammen, glaubte Miette zu sehen, wie das Laub an beiden Ufern dichter wurde, sich über sie neigte und ihr Versteck mit riesigen Vorhängen verhüllte. Und in den Mondnächten glitt ein schimmerndes Licht durch die Baumstämme, sanfte Luftgestalten in weißen Gewändern bewegten sich an den Ufern. Miette hatte keine Angst. Eine unerklärliche Erregung befiel sie beim Anblick der Schattenspiele. Wenn sie mit langsamen Bewegungen schwamm, kräuselte sich das ruhige Wasser, das der Mond in einen klaren Spiegel verwandelte, bei ihrem Näherkommen wie ein silberdurchwirktes Tuch. Die Kreise breiteten sich aus und verloren sich in den dunklen Ufern unter den herabhängenden Zweigen der Weiden mit einem geheimnisvollen Plätschern; und bei jeder Armbewegung entdeckte sie so Schlupfwinkel voller Stimmen, dunkle Nischen, an denen sie rascher vorüberschwamm, Büsche und Baumreihen, deren finstere Massen ihre Form veränderten, die länger wurden und ihr von der Uferböschung herab zu folgen schienen. Wenn sie sich auf den Rücken legte, stimmte sie der Anblick des Nachthimmels noch weicher. Von den endlosen Feldern und Wiesen jenseits des Ufers, die sie nicht sehen konnten, hörte sie dann einen ernsten, langgezogenen Ruf aufsteigen, der alle Seufzer der Nacht enthielt.
Sie war keine verträumte Natur, sie genoss mit all ihrem ganzen Körper und all ihren Sinnen den Himmel, den Fluss, die Schatten und die Lichter. Vor allem der Fluss, dieses Wasser, diese bewegte Fläche trug sie mit unendlicher Zärtlichkeit. Beim Zurückschwimmen gegen den Strom empfand sie eine große Lust, wenn die Flut rascher…