Gabi Czöppan
Beate Passow
»Infiltration homogène pour piano à queue, 1990 – Piano progressivement découvert du feutre«
Galerie Karin Sachs, 30.1.-23.2.1990
Solch ein Objekt soll als Diskussionsanreiz stimulieren, und keinesfalls nur als ästhetisches Produkt betrachtet werden.” Das sagte Joseph Beuys zu seiner Performance “Infiltration homogène pour piano à queue – der größte Komponist ist das Contergan-Kind”, bei der er 1966 in der Düsseldorfer Kunstakademie einen Bechsteinflügel in grauen Filz einnähte und ihm ein rotes Kreuz anheftete – Zeichen für die Verletzlichkeit des Instruments, dessen musikalische Potenz durch den Filzmantel konserviert werden sollte. Das Rote Kreuz war ein Zeichen für die Not der zur damaligen Zeit sehr aktuellen Contergan-Fälle, Kindern, die aufgrund der schweren Nebenwirkungen des Schlafmittels Thalidomid schwer geschädigt auf die Welt kamen und kein sogenanntes “normales” Leben führen konnten. Beuys verstopfte sich während der Nähaktion seine Ohren mit Wachs; Klang und Stille, Innen und Außen spielten wie in vielen Objekten auch hier eine große Rolle: Die Stille als Verweis auf Ingmar Bergmans Film “Das Schweigen”, der Filz als Wärmeisolierer. Der Düsseldorfer Performance war eine ähnliche Aktion im Pariser Centre Pompidou (mit dem Zusatz: “Piano progressivement découvert du feutre” im Titel) vorausgegangen.
Auf diese Pariser Aktion bezieht sich die Münchner Künstlerin Beate Passow. Als eine Art Hommage an Beuys’ erweiterten Kunstbegriff vollzieht sie in sieben Farbfotos die Aktion nach – im umgekehrten Prozeß des schrittweisen “Entkleidens” und in nur sieben Schnittbildern, die unserer heutigen selektiven Wahrnehmung entsprechen. Fotoserie und Strategie, Verwechselbarkeit und Gleichartigkeit werden damit exemplarisch als Signatur einer Zeit vor Augen geführt. Heute…