PETER HERBSTREUTH
Baustellen der Subversion
Kunstmuseum Wolfsburg, 13.6. – 23.11.2003
Kunstkritiker haben mit der Illusion zu kämpfen, die Benennung einer Sache bedeute bereits, dass man sie verstanden und in geistigen Besitz genommen hat. Tatsächlich gehen aber Begriffe und Erfahrung wie Taten und Gerüchte, Fakten und Fiktionen verschlungene und heterogene Wege. Die Beziehungen zwischen Wirklichkeit und Benennung geraten zu einem mehr oder weniger konsistenten Geflecht von Unterstellungen und Vermutungen. Sinn und Bedeutung, mit denen etwas anzufangen wäre, ergeben sich selten. Manfred Pernice geht diesen Sachverhalt mit Kommentaren und Skulpturen frontal an und spricht von “Unsinnzusammenhang” und “unerträglicher Zumutung”. Davon kann man ausgehen.
Der Ruf des Kunstmuseums Wolfsburg läuft zum Beispiel seinem Namen zuwider. Das 1994 eröffnete Museum gilt durch seine Aktivitäten mehr als Kunsthalle, weniger als Ort, an dem eine Sammlung bearbeitet und erweitert wird. Dazu trägt die Innenarchitektur bei, die zwar mit Kabinetten, Sälen, Galerie, Empore und Rotunde das klassische Repertoire rekapituliert, aber durch Architekturen für die Wechselausstellungen jedes Mal die Räume neu definiert. Nur die sorglos geratene Situation des Foyers ist konstant. Mehr als das MMK in Frankfurt/Main hat Wolfburg dazu beigetragen, die Rolle des Museums auf Flexibilität einzustellen. Nicht die Sammlung prägt das Bild, sondern die Ausstellungstätigkeit mit kurzfristigen Leihgaben.
Die “update” genannten Szenenwechsel erinnern jedes Jahr an die Zweigleisigkeit – so auch ‘Baustellen der Subversion’, eine Schau aus dem Bestand mit Werken von Manfred Pernice, Bruce Nauman, Georg Herold und Fischli/Weiss. Eine Ausstellung aus dem Lager “Baustellen der Subversion” zu nennen, ist aber riskant. Das Depot ist keine konspirative Zelle. Doch…