Rainer Wick
Bauhaus-Renaissance
Faszination der Moderne im Zeitalter der Postmoderne
Wer bislang immer noch geglaubt hatte, der Name “Bauhaus” sei gleichbedeutend mit flachen Dächern, strengen Kuben und großen Glasflächen, mit Stahlrohrmöbeln und funktionalem Gerät, mit kühler Sachlichkeit und rigoroser Rechtwinkligkeit, kurz, “Bauhaus” bezeichne einen Stil, der hatte 1988 gleich mehrfach Gelegenheit, seine Meinung zu revidieren bzw. zu einer differenzierteren Sicht der Dinge zu gelangen. Denn drei Ausstellungen an sechs Orten boten ein so umfassendes Panorama des Bauhauses, wie es seit 2O Jahren – seit der schon legendären Stuttgarter Ausstellung “50 Jahre Bauhaus” von 1968 – nicht mehr zu sehen war.
Obwohl das Bauhaus als eine der bedeutsamsten und folgenreichsten künstlerischen Initiativen dieses Jahrhunderts längst zum kulturellen Totem geworden ist, dem zum Teil in unkritischer Verehrung gehuldigt wird, sehen sich seine Verteidiger in den letzten Jahren doch zunehmend in die Defensive gedrängt. Denn mit dem Heraufkommen der sog. Postmoderne ging ein ungeahnter Autoritätsschwund des Bauhauses und seiner ästhetischen (und sozialen) Maximen einher, wurde das Bauhaus gar zu einem der Hauptsündenböcke des Architekturdesasters der Nachkriegszeit gestempelt und als Inbegriff einer für obsolet gehaltenen Designauffassung, nämlich der funktionalistischen, kritisiert.
Nicht zu übersehen ist allerdings, daß offenbar die Postmodeme-Diskussion selbst in einem erheblichen Maße dazu beigetragen hat, die erneute Beschäftigung mit den Ideen und Leistungen der Moderne anzuregen, wovon eine ungeahnte Flut neuerer Publikationen – u.a. auch über das Bauhaus – zeugt. (Ich erinnere an meine Literaturübersicht “Bauhaus und Bauhäusler” in KUNSTFORUM 86/1986, der in dieser Zeitschrift demnächst eine weitere Sammelrezension von Neuerscheinungen zum Bauhaus und dessen Umfeld…