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Magazin: Kulturpolitik · S. 288 - 291
Magazin: Kulturpolitik , 1986

BASTILLE

Eine Betrachtung von Friedeman Malsch

Noch jeder Präsident der V. Republik hat sein Monument in Paris erhalten. Für de Gaulle war es der große Flughafen im Norden der Stadt (neben den von Bonaparte gepflanzten ägyptischen Affenbrotbäumen); Pompidou ließ sich das Kulturzentrum im Beaubourg-Viertel bauen (wofür einige Wohnblocks weichen mußten); Giscard d’Estaing wollte sein Musik-Zentrum auf dem Gelände der abgerissenen Markthallen zwischen Börse und dem Centre Pompidou. Daß daraus jetzt ein Einkaufszentrum von atemberaubender Hässlichkeit geworden ist, ist sicher nicht seine Schuld, entspricht aber eher dem Stil seiner Amtszeit.

Mitterand ist der erste Präsident der Linken in dieser Republik. Objekt- und Standortwahl des ihm zugedachten Kulturdenkmals sprechen zum ersten Mal die gebrochene Herrschaftssprache des Bildungsbürgers: es soll eine Oper werden, die zweite Oper der Stadt! Nicht daß die alte (1875 eingeweiht) ausgedient hätte – Mitterands Oper steht im sozialistischen Raum. Es sollen ALLE in die Oper gehen können, die Lust dazu haben, und sie sollen nicht viele Monate auf Karten warten müssen, wie es bisher der Fall ist.

Sozialistischer Raum ist auch der Standort: die Oper entsteht an der Grenzlinie des Faubourg St. Antoine und der Place de la Bastille, im Angesicht der Siegessäule, die die Juli-Revolution 1830 verherrlicht. Unter dem Pflaster des Platzes liegen noch heute die Toten der Kämpfe jener Tage begraben. Die Oper entsteht auf der Ostseite des Platzes, am Eingang zu jenem Viertel, dessen Bevölkerung die Große Revolution mit dem Sturm auf die Bastille am 14.7.1789 begann. Noch heute ist es von den Berufsgruppen jener Zeit gekennzeichnet: Möbelschreiner, Beschlägeschmiede, Polsterer,…

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