HANS-JÜRGEN HAFNER
Basquiat
Museum Würth, Künzelsau, 6.10.2001 – 1.1.2002
Schauplatz New York, Ende der 70er: Es gärt im Big Apple, das kulturelle Klima scheint überhitzt. Clubs, dann auch Galerien beginnen aus dem Boden zu schießen. Die Dekadenz von Disco-Chic trifft auf den aggressiv spröden Glamour von Punk. Nur wenig später – etwa zeitgleich zur drogengeschwängerten New Yorker No-Wave-Szene – entsteht in den Gettos, in den schwarzen und hispanischen Subkulturen eine komplett neue Jugendkultur: HipHop, samt Breakdance und Graffiti, Mode und Styles.
Eben zu diesem Zeitpunkt tauchen an Hauswänden in Downtown Manhattan kleine, äußerst individuelle Zeichnungen auf. Dabei handelt es sich nicht wirklich um Graffitis; und trotzdem basieren sie auf “tags”, d. h. verziert ausgearbeiteten Namenszügen und Pseudonymen. In diesem Fall: gezeichnet “SAMO(c)”. “Same ol’ shit” meint dieses – natürlich zum Akronym verkürzte – Alias bzw. Trademark, unter dem sein Autor Jean-Michel Basquiat (1960-1988) rasch bekannt wird, indem er die Aufmerksamkeit der mondänen, hippen Downtown-Szene, beispielsweise rund um Andy Warhol auf sich zieht. Bald ist der junge Afroamerikaner in die etablierte Kunstwelt integriert: die jetzt in rascher Folge entstehenden Bilder, Collagen und Zeichnungen finden schnell Fans und Sammler. “SAMO” kommt allerdings nur mehr für die erste Einzelausstellung 1981 bei Emilio Mazzoli in Modena zum Einsatz. Basquiat wird parallel zum Kunstmarktboom der 80er zum mythenumrankten Maler-Superstar, kollaboriert mit Warhol oder Clemente, musiziert mit den weißen Avantgardisten Vincent Gallo und John Lurie ebenso wie mit Fab 5 Freddy und Rammelzee.
Tatsächlich repräsentiert Basquiat eine äußerst bemerkenswerte Zwischenstellung: selbst Afroamerikaner aus dem Mittelstand konstruiert er eine ambivalente Identität…