Ulrich Horndash
Barras, Herztod und Latein
Im folgenden Bericht über die Ereignisse aus Anlaß des Todes von Franz Josef Strauß übergebe ich dem Publikum, was ich am Bildschirm erfahren, aus der Tageszeitung aufgelesen und mit eigenen Augen gesehen habe. Das Schauspiel, das in München stattfand, war von repräsentativer Art. Sofern es einen Schein der Größe zu erkennen gab, beherrschte es das öffentliche Leben und war nach Geist und Umfang seiner Formen Abglanz dessen, was die Fachwelt als Gesamtkunstwerk betrachtet.
Montag, 3. Oktober 1988
Schon am Morgen höchste Aktivität. Noch gibt es Hoffnung in den Bulletins und Pressekonferenzen. Man zieht den Leibarzt, die Spezialisten hinzu und liefert auf einer Luftbrücke medizinisches Gerät. Dann die Nachricht: Franz Josef Strauß gegen 11.45 Uhr an Herz-Kreislauf-Versagen in Regensburg gestorben.
Die Radios bremsen zuerst ihre Programme. Wo sonst nur Rock und Pop die gute Laune wachhielt, soll klassische, ja geistliche Musik die Gemüter zur Besinnung bringen. Nach einer halben Stunde die ersten Stellungnahmen. Nachrufe, Würdigungen (“Stationen seines Lebens”) müssen, hergestellt in kürzester Zeit, verlesen und vorgetragen, das Mienenspiel der Berichterstatter in Richtung Würde und Betroffenheit verwandelt werden. Staatstrauer wird angeordnet, allgemeine Beflaggung auf halbmast. Schwere Wagen fahren vor. Trauergottesdienste werden abgehalten. Die Nachrichtensprecher tragen dunkle bis gedeckte Kleidung. Die Tageszeitungen räumen die ersten Seiten leer und geben Anweisung zur Erhöhung der Auflagen. Stimmen aus der Bevölkerung, einige Tränen. ARD, Strauß: “Baumeister des Landes”. In den Fotoarchiven schwitzen die Redakteure infolge einer Flut spontan einsetzender Bilderwünsche.
Mittwoch, 5. Oktober 1988
Die Trauerfeierlichkeiten ziehen sich bereits zwei Tage hin. Sie gleichen in Masse,…