Sigrid Feeser
Barbara Nemitz – das Schöne leben
Heidelberger Kunstverein, 23.4. – 19.5.1997
Barbara Nemitz stickt. Keine Deckchen, keine Krägelchen, keine Kopfkissen. Ihre Stickereien überziehen Wald und Wiese, Wege und Moos. Aber was heißt hier “Sticken”?
Das Auf und Ab der Nadel, einstechen, durchdrücken, den Faden durchziehen? Irgendwie muß es hinten genauso ordentlich aussehen wie vorne, wenigstens das haben wir aus dem verhaßten Handarbeitsunterricht noch mitbekommen.
Die Stickereien von Barbara Nemitz haben keine Rückseiten. Oder vielmehr, man kann sie von hinten nicht betrachten, denn sie stecken im Untergrund fest. Der Vorgang scheint absurd, hat aber nichts mit dekorativem Schnickschnack zu tun: “Befestigte ich nicht meine Spur? Immer wieder steche ich in die Materie ein. Sticken ist intensiver als Zeichnen … Ich steche die Spitze des Metalls in die Erde … Ich dringe ein. Der Faden zieht sich fest. Die Fäden liegen eng an. Sie breiten sich aus und finden ihren Halt im Boden. Es sind Bindungen.”
Schöner als mit emphatischen Worten dokumentieren die Fotografien von Barbara Nemitz den Sachverhalt. Eine zeigt einen Weg, der sich in der lichten Wildnis eines Parks verliert. Und darauf Sterne in leuchtendem Blau und zarte, wie flüchtig hingewischte Gesten in Rosa: Keine sentimentale Traumphantasie, sondern eine Arbeit, die die Künstlerin 1996 in einem Privatpark in Biot an der Côte d’Azur realisiert hat.
Barbara Nemitz “bestickt” Gärten, Parks und den tiefen Wald, wo keiner dabei ist und nur die Fotografien uns in Kenntnis setzen von einer Handlung, die wirklich stattgefunden hat, aber dann, wenn wir sie zu Gesicht bekommen, nicht einmal in…