Barbara Nemitz
Über die Relation von Natur-Schönheit und Kunst-Schönheit ist viel philosophiert worden. Adorno bringt in seiner “Ästhetischen Theorie” dieses Verhältnis auf den plausiblen Nenner: “Kunst ahmt nicht Natur nach, auch nicht einzelnes Naturschönes, doch das Naturschöne an sich”. Dies trifft gewiß auch auf die Arbeiten von Barbara Nemitz zu, doch darüber hinaus ist es eben dieser Themenbereich, der den Inhalt ihrer Arbeit ausmacht. Wenn sie ihn behandelt, so sucht sie nicht die vergebliche Identität, sondern trachtet danach, sich dem Geheimnis der Schönheit gerade im Zwischenraum beider Bereiche, im vollen Bewußtsein der Distanz, anzunähern. Dieses “Annähern” aber ist nur als Moment der Bewegung, als Prozeß, als dynamischer Vorgang denkbar.
Daß “das Schöne” sich prinzipiell nicht definieren läßt, ist Barbara Nemitz natürlich bekannt, daß es zu jenen Axiomen gehört, die uns selbstverständlich erscheinen, evident und in sich plausibel, allerdings nur solange, wie wir sie nicht rational zu erfassen versuchen. “Es kann keine objektive Geschmacksregel, welche durch Begriffe bestimmte, was schön sei, geben”, stellte schon Kant fest, “denn alles Urteil aus dieser Quelle ist ästhetisch; d.i. das Gefühl des Subjekts, und kein Begriff eines Objekts, ist sein Bestimmungsgrund”. Genau darin aber sieht Nemitz die entscheidende Herausforderung: “Mich interessiert ,Schönheit’ als umfassender Begriff, als Vorstellung, der ich mich nähern kann, die letztendlich aber nicht darstellbar ist. Ich glaube, es ist in der Kunst sinnvoll, an Dingen zu arbeiten, die nicht zur Vollendung kommen können”, notierte sie 1997.
In diesem Zusammenhang kommt der nicht nur anachronistisch, sondern im gegebenen Kontext auch reichlich absurd anmutenden Aktion des Stickens…