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Ausstellungen: Kassel · von Dirk Schwarze · S. 344 - 344
Ausstellungen: Kassel , 1991

Dirk Schwarze
Barbara Nemitz

»Schönheit und Schmerz« – Eine Rauminszenierung
Mai bis Juni 1991

Unsere Gefühlswelt ist gespalten: In der Wirklichkeit suchen wir die Reste schöner und heiler Natur, fahren Hunderte und Tausende von Kilometern, um in der vermeintlichen Abgeschiedenheit im Sinne der Romantiker eins mit der Natur zu werden. Wenn wir aber das, nach dem wir uns sehnen, in stimmungsvollen Fotos, Zeichnungen oder Gemälden dokumentiert und dargestellt sehen, wehren wir diese Bilder wie Götzendarstellungen ab. Die aus Göttingen stammende und in Berlin lebende Malerin Barbara Nemitz hat auf dieser offenkundigen Widersprüchlichkeit eine ganze Werkreihe aufgebaut. Sie liefert mit Hilfe raffinierter Inszenierungen das Publikum derart intensiven Landschaftsbild-Erlebnissen aus, daß die ganze Fülle sich widerstreitender Gefühle freigesetzt wird.

Schon in ihrer Malerei sucht Barbara Nemitz die gleichzeitige Schaffung und Zerstörung von Illusionen: Nach alten Fotovorlagen überträgt sie in impressionistischer Manier Szenen idealer Landschaften derart auf riesige transparente Vorhänge, daß mehrschichtige, sich an der Grenze der Auflösung bewegende Kompositionen entstehen. Diese analytische Malweise hilft, die verlorenen Bilder zu beschwören, läßt sie zugleich aber auch als ungreifbar und unwiederholbar erscheinen.

Doch Barbara Nemitz spitzt die Unversöhnlichkeit von Natursehnsucht und Kunsterlebnis weiter zu. Anläßlich des Berliner Stadtjubiläums (1987) schuf sie im nächtlichen Tiergarten eine Inszenierung, die Kunst und Natur genau in der Weise zusammenbrachte, wie es unserer Vorstellung nach eigentlich weder möglich noch zulässig ist: Sie stellte großformatige Bilder von bewegten Landschaften (Öl, Bienenwachs und Ruß auf Baumwollbatist) mitten in den Park und ließ die Kompositionen durch lodernde Flammen von hinten erleuchten. Während die Besucher durch diesen verdoppelten…



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