Barbara Hindahl
Sachen, die normalerweise unter den Tisch fallen, interessieren sie ganz besonders; zum Beispiel Staub. Was sich in den vergessenen Ecken des Wohlbefindens angesammelt hat, nimmt Barbara Hindahl zeitweilig ins Zentrum ihrer Arbeit, Wollmäuse und graue Flaumfelder fordern sie auf zu zeichnen. Eine russische Anekdote drängt sich auf. Ein junger Mann kommt zu dem großen Ilja Repin, um von ihm als Schüler genommen zu werden. Der Meister schaut die Mappe des begabten Jünglings neugierig durch, dann zerknüllt er blitzschnell, wie von einer heftigen Eingebung getrieben, ein Stück Papier und wirft es in die Ecke. „Zeichne das“, sagt er. Der Schüler stellt fest, dass so etwas Armes, Belangloses zu erfassen, mit zum Allerschwierigsten gehört. Wie zeichnet man Stäube? Hindahl lässt sich von dem anarchischen SoSein der Vorlagen leiten, sie schafft Aufsichten in einem bewegten Hell-Dunkel, heraus kommt eine Kartographie genuin zeichnerischer Erregungszustände. Das ursprünglich Fokussierte, der Staub, tritt zeitweilig etwas zurück, das Material entwickelt einen optischen Eigensinn. Ein gutes Stück vom eben angesprochenen Allerschwierigsten steckt in diesen Arbeiten von Hindahl. Der Realismus relativiert sich, der Vergrößerungsaspekt in den partiell riesigen Blättern projiziert die ursprüngliche Vorlage ohnehin ins Monumentale, die Beiläufigkeiten des Alltags werden zu energetischen Feldern. In solchen Randzonen sammelt sich das Potential einer emanzipierten Wahrnehmung. Darin steckt auch eine kleine Portion Revolte. Nicht nur der Staub wird als bildbauendes Potential ernst genommen, eine spezielle Seitenansicht ist Königsweg dieser Kunst. Neben dem puristischen Schwarz-Weiß meldet sich schon mal eine farbige Spur. Es geht eben nicht um eine Ästhetik von Sack und…