Heinz Schütz
bankleer – Reality Estate
kunstraum münchen, 8.12.2011 – 12.2.2012
Folgt man den Äußerungen der Presse und der Politiker, so wurde die vor einigen Jahren konstatierte Bankenkrise von der Schuldenkrise abgelöst. Geht man davon aus, dass jedes Sprechen über das gegenwärtige System immer auch im Rahmen dieses Systems erfolgt, dann drängt sich der Verdacht auf, dass die Rede von partiellen Krisen, im Grunde genommen, gewollt oder ungewollt, nur dazu dient, die totale Krise des neoliberalistisch forcierten Kapitalismus zu verschleiern. Die Rede von der Schuldenkrise stellt pragmatische Lösungen in Aussicht, gleichzeitig lenkt sie davon ab, was die Bankenkrise bedingte und was aus ihr folgte. Wohl noch nie zuvor dominierten die Interessen der entfesselte Spekulation die Politik wie heute, wohl nie zuvor wurde das Kapital der Banken so schamlos fetischisiert und die Kluft zwischen Kapitalgewinnern und -verlieren zementiert. Selbst Neoliberalisten dürften sich verwundern, nachdem die Gewinne der Banken als Privateigentum behandelt, die Verluste aber sozialisiert wurden. Mit der gesellschaftlichen Realität auf der einen Seite und der Spekulation mit und über diese Realität auf der anderen, haben sich zwei Parallelsysteme herausgebildet, die fatalerweise miteinander verbunden sind – dies unterscheidet die Börse von einer reinen Spielbank. Im Rhythmus von Millisekunden werden Zahlen zwischen Computern ausgetauscht, die spekulativ Zukunft prognostizieren und sie gleichsam, bevor sie stattfindet, verzehren. Dem steht die Trägheit der Realität und der gesellschaftlichen (Re)Produktion gegenüber. Bevor sie sich ereignet wird sie bereits verkauft, oder wie Joseph Vogl im Dokuvideo von „Reality Estate“ feststellt, sie wird in der Gegenwart „verbrannt“.
Nachdem die Reaktionen der gewählten…