Evandro Salles
Axis Spiralachse
Universale Staatsbürgerschaft für jeden Planetenbewohner
Die alte Frage: “Kommt der Kunst als verändernder Kraft irgendeine Bedeutung zu?” kann heutzutage sicherlich so erweitert werden: “Welche Funktionen oder Bedeutungen liegen in irgendeiner Geste, Vorgehensweise, Haltung, suchenden oder anderen Tätigkeit, kurz: in irgendeinem Verhalten, das von einem Menschen als Zeitgenossen des zu Ende gehenden 20. Jahrhunderts eingenommen werden könnte?” Die große Maschinerie der Anpassung und des Zerfalls von Bedeutungskontexten hat derartige Ausmaße angenommen, daß die menschliche Aktivität als Ganzes betrachtet – angefangen bei den einfachsten Handlungen, wie beispielsweise einem Schaufensterbummel, bis hin zu den komplexeren, der Herstellung eines Kunstwerks – unter dem Joch einer Makrokontrolle zu stehen scheint, die alle Unterschiede aufhebt und den Weg in Richtung einer mythischen Körperschaft namens westliche Demokratie sterilisiert.
Wenn einerseits das Ende der Ost-West-Polarität der Welt neue Perspektiven des Friedens und der Entwicklung öffnet, so entstehen damit andererseits neue Formen der Nord-Süd-Herrschaft, in der die Konfrontations- und Kontrollwerkzeuge nun nicht mehr vordergründig dort angesetzt werden, wo wir es mit der erschreckenden Materialität des Wettrüstens oder der Berliner Mauer zu tun haben, sondern jetzt prioritär die abstrakten und unterschwelligen Kontrollgänge der kulturellen und wirtschaftlichen Produktion entlanglaufen. Wie nie zuvor geht die Kulturproduktion heute dazu über, einen innerhalb der globalen politischen Beziehungen ungleichen strategischen Charakter anzunehmen. Mit der europäischen Vereinigung und der Beilegung der Ost-West-Konflikte erhebt sich eine neue Mauer zwischen den industrialisierten und den nicht-industrialisierten Nationen. An die Grenzen des Radikalen gelangt damit schließlich die Totalisierung der kulturellen Produktion des Menschen, deren Merkmal allerdings die alte Dualität…