Turin
Ausstellungen im Turiner Kunstherbst 2019
Schönheit und Schrecken
Artissima, Castello di Rivoli, Fondazione Sandretto Re Rebaudengo, Modeboutique Jana …
von Kerstin Stremmel
Fast scheint es, als hätten die Kuratoren in Turin noch stärker als anderswo das Gefühl, die Schönheit der Kunstorte müsse mit einem kritischen Diskurs konterkariert werden. Auch in diesem Herbst werden, zeitgleich mit Eröffnung der selbstbewussten Kunstmesse „Artissima“, zahlreiche hochkarätige Ausstellungen mit gesellschaftskritischem Anspruch präsentiert.
Hat man das beeindruckende Treppenhaus des Palazzo Madama durchquert und den Festsaal betreten, gibt es einen Loop des Videos „Love is the message, the message is death“ von Arthur Jafa zu sehen, eine siebenminütige Montage aus neuem und gefundenen Filmmaterial, unterlegt mit Musik von Kanye West. Handyaufnahmen von Opfern rassistischer Gewalt werden mit Bildern schwarzer Ikonen aus Kultur und Politik wie Prince, Nina Simone oder Martin Luther King Jr. konfrontiert. Das Video ist derzeit über Youtube verfügbar, die suggestive Musik und die bestürzende Wirkung der brutalen Übergriffe irritieren im repräsentativen Palazzo stark.
Auch Berlinde de Bruyckeres Einzelausstellung, die unter dem Titel „Aletheia“ in der Fondazione Sandretto Re Rebaudengo die Eindrücke überprüft, die die Künstlerin im Lager eines Fellhändlers in Anderlecht gewonnen hat, kann starke körperliche Reaktionen provozieren: Mit großem Aufwand und vielen Details werden Stapel der mit Salz bedeckten, zum Trocknen gestapelten Tierhäute mit Materialien wie Wachs und Bronze, aber auch mit realen Pferdehäuten re-inszeniert. Vielleicht am beeindruckendsten ist der ins Ausstellungsgebäude implantierte Fußboden mitsamt Reifenspuren und den Abdrücken von Pferdehufen, der bereits beim Betreten der Räume ein Gefühl der Unwirtlichkeit erzeugt, das die auf den ersten…