Rainer Metzger
Aura
»Die Realität des Kunstwerks zwischen Autonomie, Reproduktion und Kontext«
Wiener Secession, 2.9. – 16.10.1994
Territorium Artis” hieß jene von Pontus Hulten verantwortete Präsentation, mit der die Bonner Bundeskunsthalle vor zweieinhalb Jahren ihre Eröffnung anzeigte. Ein Panorama der Kunst im zwanzigsten Jahrhundert war beabsichtigt, und es fehlte kaum ein großer Name. Allein, das Präsentierte war ein buntes Durcheinander von tatsächlichen Originalen, von späteren Versionen einer einmal zum Monument erkorenen Arbeit, von Repliken, die der Künstler autorisierte, und von schlichten Kopien, die mit der ursprünglichen Version nur noch den platten Augenschein teilten. Die Crux in der Konzeption der Ausstellung war, daß sie dabei keineswegs auf die Infragestellung des Originals setzte, wie sie das zwanzigste Jahrhundert durchaus aufs Tapet brachte, sondern nach wie vor den alten Topos des Meisterwerks beschwor, des Meisterwerks, das sich hier als Kopie darbot. Die Präsentation funktionierte trotzdem, die angepeilte Wirkung kam zustande.
Sie kam zustande, weil sich die Kopien die Autorität des Originals einverleibt hatten. Dieser Effekt ist es gerade, auf den auch “Aura” setzt, die von Markus Brüderlin in der Wiener Secession eingerichtete Erkundung über “Autonomie, Reproduktion und Kontext” eines Kunstwerks. Brüderlin nennt es die “List der Aura”. Es ist eine Fragestellung der achtziger Jahre, die In-Fragestellung auch von Walter Benjamins Diktum vom Tod der Aura durch die Reproduktion. Daß Arbeiten weiterhin in jener “Ferne, so nah sie sein mag” schwelgen, will seine Zusammenstellung nachhaltig und im Wortsinn vor Augen führen. Die Argumentation fährt dabei, wie die Inszenierung selbst, zweigleisig. Im linken Teil Positionen dessen, was in…